Beim Hamburger Fischmarkt genießen die Gäste die Auswahl aus dem Norden. Doch die große Frage hier: Was kostet der Fisch?

Moin, ihr Spacken!“ Wer auf eine kernige Begrüßung steht, ist hier genau richtig. Erst recht, wenn das dann mit einem stürmischen Lachen garniert wird. Auch am Keramik-Stand nebenan weiß man mit der Kundschaft umzugehen: „Ich seh‘ schon, ihr seid die Kitsch-Fraktion!“ So bietet der „Jungfernstieg“ auch atmosphärisch gleich eine ordentliche Prise „Hamburger Fischmarkt“.

 

An der Matjes-Kutsche sowieso, wo Harit Steylo-Lange nach 23 Jahren Standorttreue drei Viertel der Kundschaft beim Namen kennt. Ein freundliches „Moin-Moin“ hat sie aber auch für Novizen übrig, die bei fünf Euro für das Matjes-Brötchen ein bisschen mit der Stirne runzeln. „Es ist das einzige Produkt, bei dem wir mit dem Preis hochgegangen sind, um 50 Cent.“ Das Heringsbrötchen mit Gurke, Zwiebel, Paprika, seit Jahren das Highlight an der Kutsche, gibt es also weiter für 4,50 Euro. „Mischkalkulation“ nennt das die Chefin, und schon die frühe Nachfrage scheint ihr Kalkül zu belohnen.

„Es ist sowieso alles teuer geworden“

Von der anderen Seite, von der Großen Elbstraße her, nehmen Andreas und Kai, zwei Mittvierziger aus Kirchheim unter Teck den Markt in Angriff. An der „Fisch-Fundgrube“ haben sie ebenfalls Hering geangelt, als Vorspeise, wie sie betonen, denn sie wollen heut mal „durchprobieren“ und sich „nach oben essen“. Sollten sie bei einem Teller mit Flammlachs landen, würden sie die 17 Euro, die es dafür zu berappen gibt, „nicht schrecken“. „Es ist sowieso alles teuer geworden, da gewöhnt man sich dran, auch wenn es nicht okay ist“, sagt Andreas.

An der Fundgrube mit deren 25 verschiedenen Angeboten lässt sich aber auch mit einer Fischfrikadelle à la „Bremer“ für vier Euro erste Sättigung holen. Einen halben Euro mehr macht das Seelachs-Schnitzel, zwei sind für die Knobi-Garnele obendrauf zu legen, ein bisschen günstiger ist der Brathering. Ein junges Paar teilt sich eine kapitale Salzgurke für Einsfünfzig, während Sebastian aus Mühlacker noch zwischen Makrele und Krabben-Brötchen schwankt. „Als Schwabe bringen mich drei Euro Differenz halt zum Nachdenken“, sagt er lachend – und entscheidet sich dann doch dafür, den Zehner für die Krabben hinzulegen. Zusammen mit seiner Frau will er den Kindern „die Landeshauptstadt zeigen“. Nun seien sie „zufällig auf dem Fischmarkt gestrandet“ und humoristisch auch sonst in Schwung: „Bei den Kids können wir sparen, die sind mit Schokofrüchten zufrieden!“

Das ist das Problem Krabbe

Das „Problem Krabbe“ kennt Klaus Moritz natürlich aus dem Effeff. Der Fischmarkt-Manager, der sich bescheiden „ehrenamtlicher Veranstaltungsleiter“ nennt, Urgestein des kulinarischen Events seit dessen Premiere im Jahr 1988, ist wieder mit drei Geschäften präsent. Mit hundert Sorten an Ware, also mit allem „von Aal bis Z“. Wofür Z stehen könnte, weiß er gerade nicht, „es klingt aber gut“, schmunzelt Moritz.

Beim Krabben-Thema aber wird er ernst. „Da müssten wir mindestens 12,50 verlangen, aber das geht nicht. Zehn Euro sind doch auch schon viel Geld“, räumt er ein. Vor sechs, sieben Jahren habe man für die Leckerei noch fünf Euro verlangt. Zuletzt seien in Hamburg auch schon 14 oder 15 Euro fällig gewesen. Derzeit fehle es an der Menge, auch wenn schon wieder mehr Krabbe gefischt werde: „Es dauert aber noch ein bisschen, bis sich der Kreislauf wieder erholt hat.“

Auf den kommenden Montag aber freut er sich besonders: „Dann wird Mai-Scholle geliefert, der Oberknaller!“ Und er legt auch hier wert auf die Betonung, dass „alles frisch aus Hamburg, Bremen und Bremerhaven kommt, per Kühlspedition über Nacht“. Auch dann, wenn er kleinere Menge beim Großhändler Segros abruft. Dorade, Seelachs, Wolfs- und Rotbarsch etwa. Ware, die über Holland nach Hamburg komme, akzeptierten seine Kollegen nicht: „Du siehst und du schmeckst den Unterschied“, was er wortreich erläutert. Rotbarsch zum Beispiel, der hier auf den Teller kommt, werde vor Island gefischt, Seelachs und Kabeljau vor Norwegen, die Scholle in dänischen Gewässern. „Das ist alles Premium, das wissen die Leute. Das ist die Basis des Erfolgs hier, ich kann das gar nicht oft genug sagen!“ Was er selbst besonders mag? „Ich esse alles an Fisch. Von der lauwarmen Frikadelle bis zu teuren Seezunge.“