Handball-WM in Ägypten Hygienekonzept gegen Coronavirus massiv in der Kritik

Kritik aus der Liga, Beschwichtigung aus dem deutschen Team: Das Blasen-Konzept gegen Corona sorgt zu Beginn der WM-Vorbereitung der deutschen Handballer für eine hitzig-kontroverse Debatte.
Neuss/Hamburg - Angst? Die WM womöglich als Superspreader für das weltweit wütende Coronavirus? „Nein“, sagt Alfred Gislason entschieden und verweist auf das „sehr ausführliche Konzept“ der Ägypter „ähnlich wie in der NBA“. Man werde bei den Titelkämpfen in Nordafrika „sicherer sein als zu Hause, wo wir gelegentlich raus müssen zum Einkaufen. Deswegen habe ich keine Angst und freue mich auf das Turnier.“
Lesen Sie hier: Handballer des THW Kiel setzen sich die Krone auf
Die Vorfreude des Bundestrainers auf das Mega-Turnier am Nil (13. bis 31. Januar) kann in der Bundesliga beileibe nicht jeder teilen. Die Klubbosse fürchten einen unkontrollierten Ausbruch unter den 32 teilnehmenden Mannschaften und sehen eine große Gefahr für den Ligabetrieb nach der WM. „Die angebliche Blase in Kairo ist ein Witz“, sagte Carsten Bissel, Aufsichtsratschef beim HC Erlangen, im SZ-Interview. Der dreimalige Welthandballer Mikkel Hansen von Titelverteidiger Dänemark erwägt deshalb einen Turnierverzicht.
Angesichts der massiven Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen des WM-Ausrichters rückte das bevorstehende Nachbarschaftsduell in der EM-Qualifikation gegen Österreich (Mittwoch, 13.45 Uhr/ZDF) in Graz, eines von zwei verbleibenden Länderspielen für das deutsche Team vor der WM, in den Hintergrund.
Die „angeblichen Hygienekonzepte“, so Bissel, „spotten jeder Beschreibung. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu massiven Infektionen der Spieler in Kairo kommen wird, mit der Konsequenz, dass danach der Spielbetrieb der Bundesliga noch mehr durcheinander gewirbelt werden könnte, als es bereits der Fall ist.“
„Es geht hier nicht um Maschinen“
Der Bundesliga-Manager, dessen Klub zwei deutsche plus vier weitere Nationalspieler abstellt, findet, dass ein solches WM-Turnier „am Höhepunkt einer nie dagewesenen Pandemie aus gesellschaftspolitischer Sicht nicht tragbar ist“. Bissel verwies zudem auf die zugelassenen Zuschauer (Veranstalter plant momentan mit einer Hallenauslastung von 30 Prozent): „Welch ein Wahnsinn.“
Genau deshalb sagte Hansen der Zeitung Jyllands-Posten über seine mögliche Absage: „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich noch nicht darüber nachgedacht hätte, und ich tue es immer noch.“ Spiele vor Zuschauern könnten zur „Gefahr“ für die Stars werden.
Vor Bissel hatte bereits Jennifer Kettemann, Geschäftsführerin der Rhein-Neckar Löwen, im Mannheimer Morgen ihre Sorgen „um unsere Spieler“ kundgetan: „Es geht hier nicht um Maschinen, die wir nach Ägypten versenden.“ Die Kritik von den Topklubs aus Flensburg und Kiel ist längst verbrieft.
Die deutschen WM-Fahrer verfolgen die öffentliche Diskussion aufmerksam, über allem steht die bange Frage: Hält die Blase? Während Familienvater Fabian Böhm bei aller Vorfreude in einem Sportschau-Interview von einem „mulmigen Gefühl“ sprach, mit dem er am 12. Januar nach Ägypten fliegt, hält Torhüter Andreas Wolff die scharfe Kritik, die seit Wochen vonseiten der deutschen Liga hervorgebracht wird, für unangebracht.
Wolff hat „überhaupt keine Bedenken“
„Natürlich ist die Lage in der Welt schwierig, aber ich habe überhaupt keine Bedenken“, sagte Wolff dem SID. Manche Leute würden bei der aktuellen Diskussion vergessen, „dass es auch ums Überleben unseres Sports geht. Ich bin kein Freund, alles in Zweifel zu ziehen oder abzusagen. Der Handball ist nicht bloß unsere Leidenschaft. Er finanziert auch unser sorgenfreies Leben. Auch da sollten wir drüber nachdenken.“
Auch Gislason lässt an seiner Haltung bei diesem Thema keinen Zweifel und verweist auf Nationen wie Norwegen, Dänemark, Kroatien oder Slowenien, wo es keine coronabedingten Absagen von Spielern gab. „Gerade in dieser Zeit, in der es der Handball schwer hat, braucht unsere Sportart diese WM“, sagt Gislason: „Wir kommen bei den Öffentlich-Rechtlichen vor und zeigen den Leuten: Wir sind da. Ich halte die Austragung für richtig.“
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