Das neue Bildungspaket des Bundes bringt für 15.200 Kinder und Jugendliche in Stuttgart Verbesserungen. Und auch die Stadt profitiert.  

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Seit Monatsbeginn gibt es das neue Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung. Jetzt können Hartz-IV-Empfänger Anträge auf zusätzliche Leistungen stellen. Rund 9,2 Millionen Euro erhält die Landeshauptstadt vom Bund dieses Jahr dafür. Insgesamt haben rund 15.200 Kinder und Jugendliche in Stuttgart einen Anspruch auf die Hilfen.

 

Noch hat der Gemeinderat nicht entschieden, wie die Umsetzung des neuen Gesetzes genau erfolgen soll. Geplant ist, die sogenannte Teilhabeleistung des Pakets - monatlich zehn Euro etwa für Vereinsbeiträge oder Musikunterricht - auf die vorhandene Familiencard zu laden. "Dafür sind in den Chips bereits zusätzliche Börsen eingerichtet worden", sagt Sozialamtsleiter Walter Tattermusch.

Etwa 54.000 Familienkarten seien in Stuttgart im Umlauf. Diese sind bisher mit einem Guthaben von 60 Euro versehen, für Freizeit- und Bildungsaktivitäten. In 200 Einrichtungen vom Schwimmbad bis zur Schule stehen 250 Abbuchungsgeräte. Es sei davon auszugehen, dass alle bedürftigen Familien neben der Bonuscard, die diverse Vergünstigungen bietet, auch eine Familiencard besitzen, so Tattermusch.

"Eine Einzelabrechnung wäre aufwendig und teuer"

Allerdings müssen erst rund 40 Ladeterminals in den Bürgerbüros aufgestellt und die Programme der Lesegeräte geändert werden. "Das wird wohl bis Mai dauern", sagt Jürgen Peeß, der Geschäftsführer des Jobcenters. Weil das neue Gesetz rückwirkend vom 1.Januar an gilt, schlägt die Verwaltung dem Rat vor, die monatlichen zehn Euro bis einschließlich April einmalig pauschal als Geldleistung auszuzahlen. Bis jetzt liegen nur etwa 20 Anträge vor.

Das Bildungs- und Teilhabepaket besteht aber aus weiteren Elementen. Dazu gehören die Mittel für den Schulbedarf. Diese waren bisher schon mit 100 Euro für bedürftige Schüler angesetzt, werden nun aber nicht mehr einmalig, sondern in zwei Schritten ausgezahlt: 70 Euro bei Schuljahresbeginn, 30 Euro im Februar.

Künftig übernimmt Berlin für diese Gruppe von Kindern und Jugendlichen auch die Ausgaben für Ausflüge in Schulen und Kitas. Wie diese mit den Einrichtungen abgerechnet werden, ist noch offen. Jobcenterchef Peeß plädiert für ein "möglichst einfaches, pauschaliertes Verfahren" in einem Rhythmus von mehreren Monaten. "Eine Einzelabrechnung wäre aufwendig und teuer", sagt Peeß.

Anspruch der Lernförderung noch nicht abzusehen

Entscheiden müssen die Stadträte auch, ob sie ihre freiwilligen Zahlungen an Schulen und Kindertagesstätten für Kinder aus bedürftigen Familien - jährlich rund 700.000 Euro - beibehalten wollen. Das Geld, das die Stadt bisher aufgebracht hat, dass Kinder aus Familien mit Bonuscard das Mittagessen in Schulen und Kitas für einen Euro bekommen - rund 1,9 Millionen Euro pro Jahr -, zahlt künftig Berlin.

Noch nicht einzuschätzen ist, in welchem Umfang Lernförderung in Anspruch genommen wird. Der Ablauf wird auf jeden Fall so sein: Stellt ein Lehrer fest, dass ein Kind das Lernziel - in der Regel die Versetzung - nicht erreichen wird, kann er für dieses Nachhilfe beantragen. Die Nachhilfekraft rechnet dann selbst mit dem Jobcenter die Kosten ab.

Die Ausgaben für die Fahrt in die Schule wird für Kinder aus bedürftigen Familien merklich günstiger: Bei durchschnittlich 47 Euro pro Monat für das Scool-Abo und einem Zuschuss der Stadt von 13,80 Euro mussten diese bisher gut 33 Euro tragen. Künftig werden die zwölf Euro, die im Hartz-IV-Regelsatz für Mobilität vorgesehen sind, auf das Monatsticket angerechnet, weiteres Geld kommt vom Bund. Das macht bei etwa 5100 Schülern aus diesen Familien pro Jahr rund 1,2 Millionen Euro. Am Freitag werden der Wirtschafts- und der Sozialausschusses gemeinsam das Umsetzungskonzept beraten.

Hilfen für bessere Bildung

Gesetz

Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung sollen Kinder aus bedüftigen Familien in ihrer Bildungsentwicklung gefördert werden. Das Gesetz gilt rückwirkend vom 1. Januar 2011 an. Berlin stellt für diesen Zweck in Stuttgart im laufenden Jahr zusätzlich 9,2 Millionen Euro zur Verfügung, die von der Stadt verteilt werden. Die gesamten Leistungen des Bundes für Hartz-IV-Empfänger lagen 2010 bei 142,8 Millionen Euro, dazu kommen die städtischen Ausgaben für die Unterkunftskosten der Betroffenen von 114,7 Millionen Euro.

Bedarf

Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket haben neben rund 12.000 Kindern der knapp 22.000 Stuttgarter Hartz-IV-Haushalte auch etwa 2000 Kinder, deren Eltern Wohngeld erhalten, sowie 1200 Kinder, denen ein sogenannter Kindergeldzuschlag gezahlt wird, um mit dieser Zahlung eine Bedürftigkeit nach Hartz IV zu vermeiden.