Die Fraktionen teilen den Jahresüberschuss von 383 Millionen Euro und die Zahlung der LBBW von 167 Millionen Euro etwas anders auf als die Verwaltungsspitze.

Stuttgart - Der Jahresüberschuss der Stadt im Jahr 2017 mit 383 Millionen Euro, ergänzt um zusätzlich erwartete 167 Millionen Euro von der Landesbank (LBBW) ließe zwar ausführliche Etatberatungen zu. In den langwierigen Debatten um Investitionen, Personalstellen und Zuschüsse alle zwei Jahre zum Doppelhaushalt werden schließlich nicht viel größere Summen verplant. „Das wollen wir aber nicht“, sagt CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, und rennt damit bei der Rathausspitze offene Türen ein.

 

OB Fritz Kuhn (Grüne) und Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) haben vorgeschlagen, den Überschuss auf wenige Rücklagenkonten zu buchen: Der Großteil soll ins Klinikum und in die Kultur fließen, außerdem wird die Grundsteuer einmalig gesenkt und die Restschuld bei Banken von 19 Millionen Euro getilgt.

Das tragen die Fraktionen nur teilweise mit. CDU-Chef Kotz hat mit SPD, FDP und Freien Wählern einen Antrag formuliert, demzufolge für die Sanierung der Oper sowie für die Projekte Philharmonie und Neubau des Linden-Museums nicht 200 Millionen, sondern nur 25 Millionen Euro aus dem Überschuss zurückgelegt werden sollen. Gleichzeitig bekräftigt die Ratsmehrheit ihr Bekenntnis, die der Stadt zufließenden 167 Millionen Euro aus dem Garantieüberschusskonto im Zusammenhang mit dem Sealink-Portfolio der LBBW nur für die Opernsanierung vorzusehen.

Mit dem eingesparten Geld soll eine Rücklage von 150 Millionen Euro für eine „Wohnraumoffensive“ gebildet werden. Der Abriss und Neubau der Auffahrtrampe Friedrichswahl in Zuffenhausen wird mit weiteren 25 Millionen abgesichert.

Die SPD-Fraktion schlägt zudem eine Alternative zur bereits vom Gemeinderat beschlossenen Senkung des Grundsteuerhebesatzes im Umfang von 30 Millionen Euro vor. Die Senkung würde zu einem signifikanten Teil den Großbetreiben Daimler, Porsche und Bosch zugutekommen. Besser wäre es, allen Nutzern des Nahverkehrs einen 50-Euro-Gutschein zu schenken, der beim Kauf von Fahrkarten eingelöst werden könnte. Der ursprüngliche Vorschlag, jedem Stuttgarter, Milliardären wie Sozialhilfeempfängern, 50 Euro in bar zu schenken, ist damit obsolet.

Anna Deparnay-Grunenberg, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, unterstützt den Vorschlag ihres Parteifreundes Kuhn in weiten Teilen. Die Investitionen in den Klinikum-Neubau seien unvermeidbar, die Ausgaben für die Kultur gerechtfertigt. Grüner Schwerpunkt sei eine Investition im Umfang von 100 Millionen Euro in nachhaltigen Umweltschutz. Die Stadt Stuttgart sei weit davon entfernt, die Klimaziele bis 2020 zu erreichen. Daher sollen Fonds gebildet werden, aus denen die Kosten für energetische Sanierungen von städtischen Bürogebäuden, Immobilien von Beteiligungsbetrieben, Schulen, Bädern und Vereinsbauten bezahlt werden sollen.

Anders als die Ratsmehrheit wolle man selbst keine verfrühten Wahlkampfgeschenke und auch keine Schnellschüsse machen, sondern „eingehend beraten und dann durchdachte Vorschläge für strukturelle Änderungen herbeiführen“, sagen die Fraktionschefs von SÖS/Linke-plus, Hannes Rockenbauch und Thomas Adler. Es brauche eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit und im Gemeinderat. Die dringendsten Probleme seien der Verkehr und die Wohnungsnot. Bei den Rücklagen für die genannten Kulturprojekte seien zentrale Fragen noch unbeantwortet, etwa die nach dem Interimsstandort für die Oper.