An zwei zentralen Plätzen in Pattonville wollen Stefanie Henger und Katrin Sältzer eine in der Region neue Idee ausprobieren. An Heiligabend gibt es dort eine Pop-Up-Church.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Seit rund zwei Jahren teilen sich Stefanie Henger und Katrin Sältzer eine Pfarrstelle in der Heilig-Geist-Kirche Pattonville, einem Stadtteil von Kornwestheim. Für Heiligabend haben sie sich mit Vikarin Désirée Rupp eine besondere Aktion überlegt. Was es damit auf sich hat, erklären die Pfarrerinnen im Interview.

 

Von einem Pop-Up-Store hat man schon mal gehört. Ist die Idee der Pop-Up-Church neu?

Sältzer: Bei der Pop-Up-Church geht es darum, dass man dahin geht, wo die Leute sind. Die Idee kommt aus der Nordkirche. In unserer Region gab es das noch nicht. Wir finden die Idee spannend und wollen es versuchen.

Henger: Ja, es geht darum, für die Menschen da und ansprechbar zu sein. Wir wollen zusammen etwas innehalten. Wir sind aufgeregt, wie es ankommen wird.

Wieso testen Sie dieses Format ausgerechnet an Heiligabend?

Sältzer: Nachdem im vergangenen Jahr wegen der Pandemie schon viele Veranstaltungen draußen stattfanden, haben wir wieder in diese Richtung überlegt. Wir wollten zu Weihnachten etwas außerhalb des Üblichen machen. Für die Kirche ist Heiligabend ein wichtiger Tag. Zuerst haben wir dran gedacht, mit einem Anhänger durch die Straßen zu fahren. Aber das hätte nicht zu Pattonville gepasst.

Henger: Genau. Pattonville ist recht städtisch. Hier leben viele junge Leute. Für sie wollen wir auch ansprechbar sein – auch, wenn sie aus der Kirche ausgetreten sind.Auf was müssen sich die Menschen in Pattonville denn einstellen?

Henger: Wir werden im Talar an zwei zentralen Plätzen stehen. Wir wollen die Menschen im letzten Einkaufstrubel in ihren Erledigungen unterbrechen. Das geht mit guter Musik. Deshalb spielt Hubertus von Stackelberg mit einem Bläserquartett jazzige Weihnachtslieder.

Sältzer: Von uns kommen Gesprächsangebote. Wenn es passt, haben wir auch ein paar Texte vorbereitet. Aber wichtiger ist uns die Frage: Was brauchen die Menschen an diesem Tag? Ich möchte nicht zu viel verraten, nur so viel: Eine Andacht oder eine große Predigt wird es nicht geben.Die Leute mitten im Trubel unterbrechen: Heißt das, Sie wollen sie wie beispielsweise Verkäufer oder Verkäuferinnen ansprechen?

Sältzer: Es geht uns schon um Interaktion, um Kontakte. Wir wollen Aufmerksamkeit auf uns ziehen und würden gerne angesprochen werden. Aber wir wollen nicht penetrant sein.

Henger: Uns ist es wichtig, uns niemandem aufzuzwingen.

Was erhoffen Sie sich von der Aktion?

Henger: Wir hoffen, dass wir mit vielen Menschen ins Gespräch kommen. Wir wollen sie trösten, wenn es ihnen schlecht geht. Sie ermuntern, wenn sie Verunsicherung spüren. Oder uns einfach mit Ihnen auf ein schönes Fest freuen. Wir werden spontan reagieren und sie dort abholen, wo sie sind.

Wollen Sie damit auch erreichen, dass mehr Menschen in die Gottesdienste kommen? Sältzer: Wir wissen nicht, wie gut die Weihnachtsgottesdienste in der Zeit vor der Pandemie besucht waren. Wir haben keinen Vergleich, weil wir erst 2020 die Pfarrstelle übernommen haben. Wir hoffen natürlich, dass auch viele Menschen in den Gottesdienst kommen. Das ist aber nicht der Grund für die Pop-Up-Church. Wir hatten einfach Lust, dass sich Kirche mal anders zeigt.

Können Sie sich vorstellen, dass das Konzept auch etwas für Ihre Kolleginnen und Kollegen wäre, zum Beispiel innerhalb der Kornwestheimer Kirchengemeinde?

Henger: Unsere Kollegen in Kornwestheim freuen sich, dass wir es ausprobieren wollen. Sie stehen sehr hinter der Idee. Sältzer: Wenn wir und die Menschen, die da sind, eine positive Erfahrung mit der Pop-Up-Church machen, kann ich mir gut vorstellen, dass Kolleginnen oder Kollegen etwas Ähnliches machen wollen.

Die Pop-Up-Church Pattonville macht am Samstag, 24. Dezember, um 10.30 Uhr Station auf dem Rewe-Parkplatz und um 11.15 Uhr auf dem Martin-Luther-King-Platz.

Zwei Frauen für Pattonville

Stefanie Henger
 Gebürtig aus Denkendorf (Kreis Esslingen), hat Stefanie Henger in Tübingen, Berlin, Rom und Hamburg Theologie studiert. Sie war Vikarin in Willmandingen auf der schwäbischen Alb und danach Religionslehrerin und Pfarrerin zur Anstellung in Riedlingen. 2000 übernahm sie eine Stelle als Pfarrerin in Lauffen. Zuletzt hat sie bei der Landeskirche gearbeitet und war für die Ausbildung der Vikare zuständig.

Katrin Sältzer
 Aus Nagold (Kreis Calw) stammend, hat Kathrin Sältzer in Marburg, Bern und Tübingen studiert. Ihr Vikariat absolvierte sie in Waiblingen-Neustadt und arbeitete danach in Reutlingen als Asylpfarrerin und in Stuttgart. Zuletzt war sie beim Evangelischen Landesverband in Stuttgart-Birkach für das Thema Kindergottesdienste verantwortlich und hat dort Fortbildungen ausgerichtet und Entwürfe erarbeitet.