Es ist ein Erfolgserlebnis, wenn der eigene Druck aus der Walze kommt. Aber die Druckwerkstatt der Caritas hat für Drogenabhängige und Substituierte noch eine Reine weiterer positiver Effekte.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Das Gesicht mit den markanten Augenbrauen der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo gibt es in mehreren Farbkombinationen, und das Bild des wuscheligen Hundes wirkt geradezu fotografisch echt. Im Kontaktcafé High Noon für Drogenabhängige und substituierte Drogenabhängige hängen derzeit in den Fluren und im Gastraum zahlreiche Radierungen, die von den Klienten geschaffen wurden. Entstanden sind sie im dritten Stock des Gebäudes in der Lazarettstraße: Jeden Freitag treffen sich hier Interessierte, um in der Druckwerkstatt unter der Anleitung des Künstlers und Bildhauers Uwe Schäfer kreativ zu werden. Gefördert wird die Druckwerkstatt unter anderem mit einem Projektzuschuss von Hilfe für den Nachbarn e. V.

 

Auch Taschen werden bedruckt

„Ich habe bewusst die Radierung als Technik gewählt, weil sich bei ihr das Handwerkliche mit dem Künstlerischen verbindet“, erklärt Schäfer. „Man muss nicht vor einem leeren weißen Blatt Papier sitzen, sondern jeder kann etwas machen.“ Auch Buttons aus platt gewalzten und dann bedruckten Kronenkorken oder Türschilder entstehen hier. Ebenso eignen sich die geätzten Kupferplatten, die für die Radierungen verwendet werden, als Druckvorlage für die Verschönerung von Stofftaschen: für die „Zwiebeltasche“ oder die für die „Kartoffel-Tasche“. „Man muss kein Albrecht Dürer sein, um hier mitzuwirken“, erklärt Schäfer. Das Bild des Hundes beispielsweise ist aus einer durchgepausten Fotografie entstanden.

Künstler statt Randgruppe

Neben dem Erfolgserlebnis, wenn die eigene Radierung aus der Druckerpresse kommt, hat die Werkstatt weit mehr positive Wirkungen auf die Klienten des Kontaktcafés und der Suchtberatungsstelle – wie zum Beispiel soziale Erfolgserlebnisse. „Meine Sozialtherapeutin hat mir geraten, hierher zu kommen, damit ich eine Tagesstruktur bekomme“, erzählt Simon Kessl. Das war vor gut drei Jahren, als Schäfer gerade die Werkstatt aufgebaut hatte. Kessl ist heute clean und immer noch begeistert dabei. Bei der Gestaltung der Ausstellung hat er auch tatkräftig mitgewirkt.

„Wir gehen auch öfters auf Märkte“, berichtet Rainer Lang, der das High Noon leitet. Träger ist die Caritas. Auf den Märkten werden nicht nur Bilder, Buttons und Stofftaschen verkauft, sondern die Klienten aus der Druckwerkstatt zeigen dort auch, wie eine Kupferplatte mit einer säurebeständigen Schicht überzogen wird und wie sie in diesen Ätzgrund mit der Radiernadel Motive zeichnen. Wie das Motiv letztlich aussieht, hängt dann vom anschließenden Säurebad ab. Erst ganz zum Schluss wird das Bild auf der Kupferplatte mit der Druckerwalze auf das Blatt gedruckt. Auch im Haus der Katholischen Kirche haben die High- Noon-Klienten schon eine Vorführung gemacht, und Kessl erzählt freudig: „Der Kontakt mit den Kunden ist so ein ganz anderer. Wir werden als Künstler betrachtet und nicht als Randgruppe.“

Projekt läuft weiter

Die Teilnehmer finden über die Suchtberatungsstellen der Caritas und andere Drogenberatungszentren ins High Noon. Zwei Jahre lang wurde das Druck-Projekt, das Schäfer initiiert hat, von einem Pharmaunternehmen finanziert. Da die Druckwerkstatt viele positive Effekte für die Teilnehmer hat, sprang Hilfe für den Nachbarn e. V. für dieses Jahr mit einer Projektspende ein.

Von 2019 an ist eine Regelfinanzierung der Druckwerkstatt gesichert, kündigt High-Noon-Leiter Lang an.

Hilfe für den Nachbarn

Das Spendenkonto:
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Kennwort: „Hilfe für den Nachbarn“

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