Selbst die Bürgerinitiativen sind zufrieden – die Trassenführung der Rheintalbahn ist geklärt. 1,75 Milliarden Euro werden zusätzlich für den Lärmschutz ausgegeben. Nun fehlt noch die Zustimmung der Parlamente.

Stuttgart - Die Trasse der Rheintalbahn sieht in vielen Abschnitten nun deutlich anders aus als von der Bahn vor Jahren geplant. Der neue Streckenverlauf soll die Anwohner vor Lärm und Erschütterungen weitgehend schützen. Darauf einigte sich der Projektbeirat nach fünf Jahren am Freitag in seiner zehnten und letzten Sitzung im Stuttgarter Verkehrsministerium. Nach drei Stunden intensiver Beratung gab es von den Anwesenden keine kritischen Stimmen zu dem allseits als „historisch“ eingeschätzten Ergebnis, selbst Vertreter der Bürgerinitiativen zeigten sich zufrieden. In diesem von vielen Seiten für Großprojekte als bundesweit vorbildhaft bezeichneten „Projektbeirat Rheintalbahn“ sind Bund und Land, die Vertreter der Region sowie Bürgerinitiativen und auch die DB AG vertreten.

 

Mit dem Ergebnis des Projektbeirats sollen sich spätestens im Herbst 2015 der Bundestag und der Landtag Baden-Württemberg befassen. Wenn die Parlamente zustimmen, wäre die Rheintalbahn knapp 20 Jahre nach einem ersten Grundsatzbeschluss in allen Abschnitten auf den Weg gebracht. Der Schienenweg verbindet durch den „Güterzugkorridor Rotterdam-Genua“ die großen Häfen der Nordsee mit jenen des Mittelmeers. 1996 wurde beschlossen, die Bahnstrecke von zwei auf vier Gleise auszubauen. Lange wurde geplant, zwei neue Gleise für Hochgeschwindigkeitszüge zu bauen. Inzwischen hat „ein Paradigmenwechsel stattgefunden“, sagte Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Gleise werden vor allem für die Güterzüge gebaut und zwar mit dem Ziel, diese Züge, so Hermann, „raus aus den Kommunen zu leiten“. Mit der Fertigstellung ist keinesfalls vor 2030 zu rechnen.

Den Güterzugtunnel bei Offenburg bezahlen Bahn und Bund

Spektakulärste Änderung gegenüber den Ursprungsplänen ist der Bau eines Güterzugtunnels bei Offenburg. Der Ortenauer Landrat Frank Scherer spricht vom „größten Erfolg, dass die Region Bahn und Bund überzeugen konnten, dass die oberirdische Trassenführung in Offenburg nicht möglich ist und dass Bahn und Bund die Zusatzkosten für die Untertunnelung voll und ganz übernehmen.“ Michael Odenwald, Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums, nannte in diesem Zusammenhang zusätzliche Baukosten von 1,18 Milliarden Euro. Insgesamt beziffern Odenwald und Herrmann die Zusatzkosten durch den Lärmschutz auf rund 1,75 Milliarden Euro.

Viele dieser Maßnahmen gehen über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. So soll so weit wie möglich ein Vollschutz vor Lärm angestrebt werden. Dies bedeutet, dass die von den Schienen ausgehenden Geräusche auf ein niedrige Dezibelwerte begrenzt werden. Das kann durch einen Tunnel geschehen oder durch eine Verlegung der Schienen um einige Meter nach unten, durch möglichst transparente Lärmschutzwände oder durch den Einsatz besonderer Schienen und Schweller. Entscheidend sind die Geräuschpegel an der Trasse und nicht jener in den Häusern und Wohnungen der Anwohner, die durch Schallschutzfenster ermöglicht werden. Dieser „passive Lärmschutz“ soll vermieden werden.

Land muss noch verhandeln

Das Land erklärte sich bereit, sich an den weitgehenden Lärmschutzmaßnahmen zu beteiligen, obwohl der Bau dieser Bahnstrecke grundsätzlich von Bund und Bahn finanziert werden muss. Die Höhe des Landeszuschusses nennt Hermann nicht. Klar ist, dass es bei den Baukosten deutlich mehr als 200 Millionen Euro sein werden. Der Bund fordert von Stuttgart darüber hinaus eine Beteiligung an den Planungskosten. Die betragen in der Regel 18 Prozent der Baukosten. Ein Kompromiss könnte bedeuten, dass das Land am Ende bis zu 300 Millionen Euro für die Rheintalbahn aufbringen wird. CDU-Fraktionschef Guido Wolf spricht grundsätzlich von einer „hervorragenden Arbeit“ des auch von der CDU iniziierten Projektbeirats. Er fordert aber von Grün-Rot, nicht auf einem starren Kostendeckel zu beharren. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach von einem „großartigen Erfolg“ – endlich sei es gelungen, sich auf eine „menschen- und umweltverträgliche“ Schienenachse zu verständigen.

Keine „Beste Lösung“, aber mehr Geld für Lärmschutz

Vor allem zwei kritische Punkte hat der Projektbeirat ausgeräumt: So wurde beschlossen, dass die Güterzugtrasse entlang der Autobahn 5 zwischen Offenburg und Riegel gebaut wird. Den Kommunen in Autobahnnähe wird zugesichert, dass sie mit keinerlei zusätzlichem Lärm rechnen müssen. Jene entlang der alten Trasse sollen vom Vollschutz erheblich profitieren. Und die „Beste Lösung“, die geforderte Tieferlegung der Trasse bei Müllheim und Auggen, kommt zwar nicht, doch mit weiteren 50 Millionen Euro sollen Anwohner hier ebenfalls vor Lärm geschützt werden.