Es ist der wichtigste Feiertag der Juden. Doch was ist Jom Kippur eigentlich? Und wann wird er in diesem Jahr gefeiert? Alles zur Bedeutung und den Bräuchen rund um den jüdischen Versöhnungstag.

Rund 100 000 Menschen haben vor Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, an der Klagemauer gebetet. Die Klagemauer gilt als heute wichtigstes Heiligtum von Juden weltweit. Sie ist Überrest der Stützmauer eines jüdischen Tempels, der im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde.

 

In diesem Jahr findet Jom Kippur von Sonntag (24. September) bis Montag (25. September) statt. Der Beginn der jüdischen Feiertage ist jeweils am Vorabend. Daher streckt sich auch Jom Kippur über zwei Tage.

Was wird an Jom Kippur gefeiert?

Vor Jom Kippur sind aus Sicherheitsgründen in Jerusalem Straßensperren errichtet worden. Foto: Imago/Saeed Qaq

An Jom Kippur geht es vor allem um die Bitte um Vergebung von Sünden – gegen Gott und die Mitmenschen. Gläubige Juden fasten an dem Tag, der am Sonntagabend beginnt und am Montagabend endet, für 25 Stunden. Viele gehen zum Gebet in die Synagoge. Während des Feiertags stoppt in Israel der Fahrzeugverkehr, vor allem Kinder nutzen dies, um auf den Straßen Fahrrad zu fahren.

Angesichts von Warnungen vor Anschlägen an den jüdischen Feiertagen hatte die Polizei Israelis mit Waffenschein dazu aufgerufen, an Jom Kippur ihre Waffen bei sich zu tragen. Die Palästinensergebiete werden während des Feiertags abgeriegelt. Nach Medienberichten ist die Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft, vor allem in Jerusalem.

Was bedeutet Jom Kippur?

Streng-gläubige Juden bereiten sich schon vor dem eigentlichen Feiertag auf das Büßen vor. Sie haben dafür ein spezielles Ritual: In der rechten Hand halten sie ein Huhn, schwenken es dreimal über dem Kopf und sprechen dabei ein Gebet. Anschließend wird der Vogel geschlachtet. Foto: Imago/Debbie Hill

Im Hebräischen bedeutet Jom Kippur „Tag der Versöhnung“. Er geht zurück auf den Tag, an dem Gott dem jüdischen Volk die Sünde des Goldenen Kalbes vergeben hat. Denn nachdem die Juden die Tora am Berg Sinai erhalten hatten, beteten sie für 40 Tage ein Goldenes Kalb an – und verstießen damit gegen das Gebot „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“. Gott vergab dem Jüdischen Volk auf Moses Bitten hin am 10. Tischri – dem heutigen Datum von Jom Kippur.

An diesem Tag wurde laut Bibel ein Ziegenbock mit den Sünden des jüdischen Volkes beladen und in die Wüste geschickt – heute verwenden wir daher den Ausdruck „Sündenbock“ im Alltag.

Gläubige Juden haben nach Rosch ha-Schana (Neujahr) zehn Tage Zeit, sich zu ihren Sünden zu bekennen, sich auf das Wesentliche zu besinnen und Gutes zu tun. An Jom Kippur fällt dann das Urteil, ob sie von Gott als fromme Juden in das sogenannte Buch des Lebens eingetragen werden und ihnen somit ein gutes Jahr bevorsteht.

Wann ist Jom Kippur?

Jom Kippur findet nicht jedes Jahr zur gleichen Zeit statt – zumindest nicht, wenn man sich am gregorianischen Kalender orientiert, so wie es in Europa üblich ist. Im jüdischen Kalender, einem Mondkalender, findet Jom Kippur immer am 10. Tag des Monats Tischri statt und damit zehn Tage nach dem jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana. Im gregorianischen Kalender liegt der Feiertag damit im September oder Oktober.

Welche Regeln und Bräuche gibt es zu Jom Kippur?

Wenn die Sonne untergeht, wird das Schofar, ein Instrument aus einem Widderhorn, geblasen. Foto: Imago/Pond5 Images
Ein ultra-orthodoxer jüdischer Mann peitscht ein Mitglied seiner chassidischen Dynastie während der traditionellen Malkot-Zeremonie mit einem Lederriemen als symbolische Strafe für seine Sünden im vergangenen Jahr aus. Foto: AP/Ohad Zwigenberg/dpa

Jom Kippur ist ein strenger Fastentag, der selbst von vielen Juden und Jüdinnen eingehalten wird, die eigentlich nicht sehr religiös leben. Jom Kippur ist der einzige Fastentag, der auch an einem Sabbat begangen wird, alle anderen Fastentage werden verschoben, wenn sie auf einen Sabbat fallen.

An Jom Kippur ist sowohl das Essen als auch das Trinken verboten. Ebenso untersagt sind Duschen, Make-Up, Geschlechtsverkehr und jede sonstige Form von Genuss. Viele Juden halten sich außerdem an die Regel, keine Lederschuhe zu tragen. Traditionell ziehen viele Juden an Jom Kippur weiße Kleidung als Zeichen der Reinheit an.

Warum ruhen alle Aktivitäten an Jom Kippur?

In vielen Synagogen dauert der Gottesdienst beinahe den ganzen Tag. In Israel ist es besonders ruhig an Jom Kippur: Restaurants und Läden sind geschlossen (außer arabische), sogar Grenzübergänge inklusive Flughäfen sind dicht.

Die Straßen sind beinahe autofrei, Radio und Fernsehen strahlen kein Programm aus, Nachrichten und Verkehr gibt es nur in Ausnahme- und Notfällen. So kommt quasi das gesamte öffentliche Leben zum Erliegen, auch in vermeintlich säkularen Städten wie Tel Aviv und Haifa.

An Jom Kippur soll jeder in sich gehen, reflektieren und sich selbst hinterfragen. Zum Abschluss von Jom Kippur, wenn die Sonne untergeht, wird das Schofar, ein Instrument aus einem Widderhorn, geblasen. Viele Familien versammeln sich dann zuhause zum gemeinsamen Festmahl, manchmal wird aber auch bereits in der Synagoge das Fasten mit einem kleinen Imbiss gebrochen.

Was isst man zu Jom Kippur?

Der höchste Feiertag im Judentum ist ein Fastentag – Essen und Trinken sind streng verboten. Da der Feiertag am Abend beginnt, nutzen viele Juden und Jüdinnen den jeweiligen Tagesbeginn, um ausgiebig zu essen und vor allem Speisen zu sich zu nehmen, die gut sättigen. So wird der Hunger an Jom Kippur nicht zu groß und man kann sich am Feiertag selbst auf das Wesentliche besinnen.

Ebenfalls ist es wichtig, vor dem Beginn von Jom Kippur ausreichend zu trinken, denn auch Wasser ist am Fastentag nicht erlaubt. Alkohol, Kaffee und Tee sollten dabei vermieden werden, weil sie dem Körper langfristig eher Flüssigkeit entziehen.

Was wünscht man sich zu Jom Kippur?

In der Zeit zwischen dem 3. Tischri (nach Rosch ha-Schana) bis einschließlich Jom Kippur wünscht man sich „chatima towa“, danach wünscht man bis zum letzten Tag von Sukkot „gmar chatima towa“.

Zu Deutsch bedeutet dies: „Möge deine Einschreibung (in das Buch des Lebens) eingetragen und besiegelt werden.“ Der Zusatz „gmar“, den man ab Jom Kippur hinzufügt, bedeutet „endgültig“.

Die Zeit zwischen Jom Kippur und Sukkot gibt den Menschen noch eine letzte Chance, die Fehler durch gute Taten aufzuwiegen.

Was geschah 1973 an Jom Kippur?

Israelische Soldaten in Panzern während des Jom-Kippur-Krieges. Foto: Imago/Sven Simon

Am 6. Oktober 1973, dem damaligen Datum von Jom Kippur, griffen die Streitkräfte Ägyptens, Syriens und weiterer arabischer Staaten Israel an. Der militärische Konflikt dauerte bis zum 25. Oktober 1973 und ist als Jom-Kippur-Krieg in die Geschichte eingegangen. Nach dem Palästinakrieg (1948/49), der Sueskrise (1956) und dem Sechstagekrieg von 1967 war er der vierte arabisch-israelische Krieg im Rahmen des Nahostkonflikts.

Der Krieg begann mit einem Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens auf dem Sinai und den Golanhöhen, die sechs Jahre zuvor von Israel im Zuge des Sechstagekrieges erobert worden waren.

Am 22. Oktober rief der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gg auf Druck der Vereinigten Staaten alle Parteien auf, das Feuer einzustellen. Bei Inkrafttreten des Waffenstillstands am 22. Oktober (Nordfront) bzw. 24. Oktober (Südfront) waren die syrische Armee besiegt. Die eingeschlossene und unversorgte ägyptische 3. Armee stand vor der Vernichtung.