Homosexuelle Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, haben ab sofort Anspruch auf den Familienzuschlag.

Stuttgart - Der Streit über die Gleichstellung von schwulen und lesbischen Paaren im Beamtenrecht ist beendet. Auf ihrer auswärtigen Kabinettssitzung in Hüfingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) beschließt die grün-rote Landesregierung am Dienstag den Gesetzentwurf „zur Einbeziehung von Lebenspartnerschaften in ehebezogene Regelungen des öffentlichen Dienstrechts“. Damit wird die eingetragene Lebenspartnerschaft im Dienstrecht in vollem Umfang mit der Ehe gleichgestellt. So sieht es die von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) erarbeitete Kabinettsvorlage vor.

 

In der Zielrichtung des Gesetzentwurfs, der nun an den Landtag zur parlamentarischen Beratung weitergeleitet wird, waren sich Grüne und SPD einig gewesen. Hatte doch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und der Ehe mit Blick auf das Gleichheitsgebot nach Artikel 3 des Grundgesetzes beanstandet. Damals ging es konkret um die betriebliche Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes. Strittig zwischen den Koalitionspartnern blieb allerdings, welche rückwirkende Bindung das Gesetz entfalten soll. Bei einer ersten Beschlussfassung im Kabinett im Juli vergangenen Jahres war Folgendes vorgesehen gewesen: Das Gesetz sollte rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft treten – parallel mit dem neuen Dienstrechtsreformgesetz. Auf Antrag sollte auch der 1. Januar 2009 möglich sein. Diese Regelung ist bereits jetzt provisorisch gültig.

Grüne legen sich quer

Diese überschaubare Rückwirkung allerdings stieß auf den Widerstand der Grünen. Parlamentsvizepräsidentin Brigitte Lösch verlangte eine rückwirkende Geltung vom Jahr 2003 an. Begründung: zu diesem Zeitpunkt war die Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union in Kraft getreten. Die Richtlinie verbietet eine Diskriminierung von Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung. Es gab sogar Stimmen, die für das Jahr 2001 votierten, aus dem das Lebenspartnerschaftsgesetz der früheren rot-grünen Bundesregierung stammt. Dagegen stemmte sich die SPD, welche die Landeskasse im Auge behielt. 2003 und 2009 – diese beide Jahren bestimmten die Diskussion. Heraus kam am Ende – Überraschung! – das Jahr 2006. Ein klassischer Kompromiss, für den als gesetzlicher Bezugspunkt die Neuregelung der Bund-Länder-Beziehungen im Zuge der Föderalismusreform 1 gefunden wurde. Mit dieser Reform waren die Kernbereiche des Beamtenrechts vom Bund auf die Länder übertragen worden. Die finanziellen Leistungen können auf Antrag der Betroffen auf dieses Jahr rückdatiert werden. Die Kosten für die verlängerte Rückwirkung bis zum Jahr 2006 liegen bei knapp 2,9 Millionen Euro. Nach Erledigung der Altlasten liegen die Mehraufwendungen für das Land bei 1,3 Millionen Euro im Jahr. Auf die Kommunen kommen 200 000 Euro zu.

Gall öffnet die Standesämter

Parlamentsvizepräsidentin Brigitte Lösch zeigt sich mit dem Ergebnis der Verhandlungen zufrieden. „Ich freue mich, dass die Diskriminierung der Lesben und Schwulen im Beamtenrecht beendet ist.“ Auch Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid wertet die Verständigung als einen Erfolg. „Es war überfällig, dass jetzt endlich Ernst gemacht wird mit der Gleichstellung.“ Es werde Zeit, „dass wir gesellschaftliche Vielfalt als Chance und nicht als Bedrohung verstehen“. Bereits im vergangenen Jahr hatte Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Standesämter für die eingetragene Lebenspartnerschaft geöffnet. Unter der alten CDU-FDP-Regierung waren in den Landkreisen die Landratsämter und in den Stadtkreisen die Gemeinden für die Begründung und Beurkundung von eingetragenen Lebenspartnerschaften zuständig gewesen.

Mit der Neuregelung haben Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, im Besoldungsrecht Anspruch auf den Familienzuschlag. Im Versorgungsrecht geht es um die beamtenrechtliche Hinterbliebenenversorgung, die Unfallfürsorge und den Familien- und Kinderzuschlag. Im Reisekostenrecht wirkt sich die Gleichstellung auf die Wegstreckenentschädigung, die Umzugskosten, die Beförderungsauslagen sowie auf das Trennungsgeld aus. Im Beihilferecht werden eingetragene Lebenspartner als Angehörige berücksichtigungsfähig und als Hinterbliebene beihilfeberechtigt werden.