Mehrfach musste die Eröffnung verschoben werden, seit Anfang des Jahres ist das Jaz in the City im Europaviertel in Betrieb. Wir waren undercover zu Gast.
Stuttgart - In manchen Hotels fühlt man sich nach einer Nacht um Jahre gealtert, im Jaz in the City fühlt man sich schon beim Einchecken um Jahre verjüngt. Hinter der putzigen Rezeptionsinsel heißt es: „Wir sind hier alle per Du. Ist das okay für dich, Matthias?“ Ja, schon okay, auch wenn wir nicht in einer Ami-Kette sind, wo das Easy-Peasy-You näher liegt, sondern unter der Dachmarke Deutsche Hospitality, zu der auch Steigenberger und Intercity Hotel gehören. „Hast du einen besonderen Wunsch?“ –„Je höher, desto besser.“
Gereicht hat es dann gerade mal für die dritte Etage. Allzu hoch hinaus geht es im Hotelteil des Hochhauses Cloud N° 7 mit seinen 18 Stockwerken ohnehin nicht. Der Hotelaufzug kennt nicht mehr als zwei Etagen nach unten und sieben nach oben. In die darüber liegenden Luxusappartements führen andere Wege. Aber unser In-Tune-Room – größere Zimmer heißen auch ganz musikalisch Bassline-Room oder Off-Beat-Suite – mit seinen 26 Quadratmetern ist sehr okay. Er liegt in der sogenannten Fuge zum Milaneo, nur wenige Meter gegenüber kann man Menschen im Büro beobachten. Oder ist es umgekehrt: die beobachten Menschen im Hotel? Wir haben im Gegensatz zu denen immerhin zwei Schichten Vorhänge, und besser als zur viel befahrenen Wolfram- oder gar Heilbronner Straße ist die Lage allemal.
Das Zimmer ist topmodern ausgestattet
Das Zimmer lässt Raum zum Atmen. Im Wohn-/Schlafbereich liegt Parkett, im halb offenen Bad sind helle Steinfliesen, das WC ist getrennt. Die vier bläulichen Spots an der Decke der kreisrunden Duschkabine scheinen auf ein „Beam me up, Scotty!“ zu warten. Die Wassertemperatur lässt sich digital regulieren, der Waschtisch mit schräger Ebene strahlt genauso wie die weiß lackierten Möbel. Einziger Farbklecks im Raum ist das Sofa im Patchwork-Style. Ansonsten: Großes Smart TV an der Wand, Sideboard mit versenkter Leiste für alle möglichen Anschlüsse, „Suitepad“ in der Docking-Station, daneben eine angekettete Bluetooth-Box. Die Minibar ist bis auf zwei Wasserflaschen leer, im Regal darüber liegt eine Yoga-Matte.
Also nichts wie runter in den Keller – nicht zum Yoga in den kleinen Fitnessraum (Stepper, Laufband, Fahrrad und Multi-Quäl-Maschine), sondern in den großzügigen Wellnessbereich. Hier dominiert Schiefer und anderes dunkles Gestein, man soll sich wie in einer Tropfsteinhöhle fühlen. Das gelingt besonders dort, wo sich der Gang verjüngt und man dank senkrechter Spots als einziger Lichtquelle nicht sieht, was auf den Duschknöpfen steht und also lustig bewässert die Effekte ausprobieren kann. Zwei Saunen, ein Dampfbad, ein Ruhe-, ein Massageraum, Toiletten, Umkleide, Spinde – an fast alles gedacht. Einziger Haken: kein einziger Haken weit und breit, an den man den noch superflauschigen Bademantel hängen könnte.
Zeit für den Damenbesuch – nur zum Dinner und auf eigene Rechnung. In der Rhythms Bar & Kitchen wird das etwas gewollte Thema der Marke – „it’s all about music“ – am deutlichsten gespielt. Im halb dunklen, halb lauten, voll hippen Ambiente legt DJ WHTVR einen arrivierten Mix aus Hip-Hop und R’n’B auf. Das scheint auch die drei Anzüge auf Geschäftsvergnügungsreise am Nebentisch nicht weiter zu stören.
Die Küche ist überdurchschnittlich gut
Dafür, dass wir entgegen unserer guten Gewohnheit schon in der ersten öffentlichen Woche zum Testessen da sind, machen Küchenchef René Kraatz (zuletzt im Steigenberger Esplanade in Jena) und sein Team einen ziemlich guten Job auf „Jazy Art“ mit orientalischem Twist. Wir teilen uns eine Buddha Bowl (9 Euro) mit Wurstsalat „Benz Town“ (mit Sucuk, Kaseri und Harissa), Falafel mit Baba Ghanoush und Muhammara mit Fladenbrot – alles gut, auch wenn sich die Bestandteile in der Schüssel vermischen.
Herausragend ist der vegetarische Deep Burger (u. a. mit Rote-Bete-Patty, Mango Chutney, Feta und Brioche-Bun, 14 Euro). Das Frikassee „Jaz“ (24 Euro) mit Kalb, Gemüse mit intensivem Eigengeschmack und Kardamon-Reis kommt in einer Tajine von Le Creuset. Auch der Ofenschlupfer mit Sauerrahmeis, Zwetschgen und Rosenwasser (8 Euro) ist überdurchschnittlich – wie die Weinpreise: 9 beziehungsweise 8 Euro kosten 0,15 l, aber immerhin ist es ein Lemberger Steinwiege von Schnaitmann und eine Mönch Berthold Rotweincuvée aus der Weinmanufaktur.
Bei gekipptem Fenster hört man die Stadt
Die Nacht auf dem recht strammen Boxspring-Bett war gut, das relativ schalldichte Fenster gekippt – bis sich dann die Stadt drumherum gegen fünf Uhr morgens deutlich bemerkbar gemacht hat. Wir hatten ein schwäbisches Frühstück gebucht, heißt also: die 22 Euro extra lieber sparen (das Büfett ist ordentlich, aber übersichtlich), einen Espresso aus der Kapselmaschine auf dem Zimmer und nach dem Auschecken eine Brezel to go im Milaneo. Mit unserer Lieblingsfrage in Hotels haben wir uns als Journalisten geoutet: „Ist der Manager zu sprechen?“ Hannes Ruppert, „Director Operations a.k.a. Chief Guest Pamperer“, zeigte uns eine Cloud Suite mit aussichtsreichen 50 Quadratmetern im siebten Stock und eine Etage tiefer die ebenfalls immer noch nicht abgenommene Cloud N° 7 Bar & Lounge. Der Champagnerschrank ist schon gut bestückt, auf dem wegen der Hochhauswohnungen amtlich verordneten Spielplatz auf der Terrasse davor spielen noch keine Kinder. Komisch.
Marke und Preise
Hotel
Das Jaz in the City in Stuttgart ist nach Amsterdam das zweite Hotel der jungen Marke. Mit seinen 166 Zimmern ist es sowohl für Geschäftsleute (drei Konferenzräume) als auch Touristen am Wochenende gedacht. Dann zahlt man etwas weniger.
Raten
Die Preise in der untersten Kategorie beginnen bei 139 Euro für eine Person (ohne Frühstück), die auch wir gezahlt haben. Als „Winter Deal“ und ohne kostenlose Stornierungsmöglichkeit bis 18 Uhr am Anreisetag geht es günstiger. Wir sind mit der Stadtbahn „angereist“. Parkplätze in der Cloud-No.-7-Tiefgarage hat das Hotel noch nicht angemietet. Vermutlich werden sie nicht preiswerter sein als die Tagespauschale im Milaneo mit 25 Euro.