Der Klimawandel bringt eine höhere Wahrscheinlichkeit für Extremwetter-Ereignisse mit sich. Speziell bei Hurrikanen verändert sich ein weiterer Faktor auf gefährliche Weise. Sie werden immer schneller und bedrohlicher.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die Stärke tropischer Wirbelstürme in den vergangenen Jahren sprengt nach Ansicht von Forschern die derzeit übliche Hurrikan-Windskala. Bislang reicht diese bis zur Kategorie 5, die Wirbelstürme mit Windgeschwindigkeiten ab 70 Metern pro Sekunde umfasst.

 

In den vergangenen Jahren hätten jedoch mehrere tropische Wirbelstürme eine Windstärke von über 86 Metern pro Sekunde gehabt, schreibt das Team in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Das entspricht über 309,6 Kilometern pro Stunde.

Forscher: Neue Sturm-Kategorie 6 nötig

Ein von der NASA am 24. Oktober 2015 zur Verfügung gestelltes Handout-Bild zeigt ein GOES-West-Satellitenbild der NOAA vom Hurrikan „Patricia“ auf dem Weg zur Westküste Mexikos am 23. Oktober 2015. Foto: Nasa/Noaa Goes Project/dpa

Eine Analyse von Daten aus den Jahren 1980 bis 2021 ergab nach Angaben der Autoren, dass fünf Stürme in die neue hypothetische Kategorie 6 eingestuft worden wären. Alle diese Stürme seien in den letzten neun Jahren der Datenreihe aufgetreten, schreiben Michael Wehner vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Berkeley und James Kossin von der University of Wisconsin–Madison.

Ein Grund für die Steigerung sei der Klimawandel und der damit einhergehende Anstieg der Meerestemperaturen. Dieser liefere zusätzliche Wärmeenergie für die Hurrikans, die somit stärker werden könnten.

Zerstörerische Kraft:„Patricia“, „Haiyan“

Ein zerstörtes Haus nach dem Durchzug des Hurrikans „Patricia“ in mexikanischen Melaque. Foto: Ulises Ruiz Basurto/dpa
Ein Mann versucht, seine Habseligkeiten aus seinem zerstörten Haus zu retten, nachdem Hurrikan „Patricia“ am 24. Oktober 2015 in Francisco Villa, Jalisco, vorbeizog. Foto: Ulises Ruiz Basurto/dpa

Der stärkste der fünf Wirbelstürme, Hurrikan „Patricia“, trat 2015 im Ostpazifik auf und traf in Mexiko auf Land.

Die übrigen vier waren Taifune, wie tropische Wirbelstürme in der Nordwestpazifik-Region genannt werden. Darunter war „Haiyan“, der 2013 auf stark bevölkerte Inseln der Philippinen traf und die meisten Toten dieser fünf Wirbelstürme verursachte.

Extreme Stürme kein Einzelfall mehr

Ältere Klimamodellierungen ergaben nach Auskunft der Forscher, dass das Risiko von Wirbelstürmen der hypothetischen Kategorie 6 in der Region der Philippinen um 50 Prozent steigt, wenn die globale Erwärmung 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt. Im Golf von Mexiko verdopple sich die Zahl dann sogar.

In der Vergangenheit sei bereits vorgeschlagen worden, dass der besonders zerstörerische Tropenwirbelsturm „Haiyan“ in eine Kategorie 6 aufgenommen werden sollte, erläutert das Team. „Aber ‚Haiyan‘ scheint kein Einzelfall zu sein.“

Die Forscher plädieren für eine Änderung der derzeit üblichen Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala, mit einer Kategorie 5 für Spitzenwindgeschwindigkeiten von 70 bis 86 Metern pro Sekunde und einer zusätzlichen Kategorie 6 darüber.

Risikos größerer Wirbelstürme wächst

Typhoon über der Erde. Foto: Imago/Zoonar

Eine frühere Studie hatte ergeben, dass die meisten Todesfälle im Zusammenhang mit Hurrikans in den USA durch Sturmfluten an der Küste verursacht wurden (49 Prozent), gefolgt von Überschwemmungen durch Starkregen (27 Prozent), Todesfällen direkt durch Wind (8 Prozent) und verschiedenen weiteren Ursachen.

Für viele Faktoren der Zerstörung sei die windbasierte Skala zwar nur am Rande relevant, schreiben die Forscher. Dennoch bleibe sie ein wichtiges Kriterium für die Risikowarnung. Das Hinzufügen einer 6. Kategorie zur Hurrikan-Windskala könne zudem das Bewusstsein für die Gefahren des Risikos größerer Wirbelstürme aufgrund der globalen Erwärmung sensibilisieren.

Info: Saffir-Simpson-Hurrikan-WindSkalMesssa

Messskala
Die Saffir-Simpson-Hurrikan-Wind-Sskala wurde in den frühen 1970er-Jahren in den USA eingeführt. Seit 2010 werden die Winde in zehn Metern Höhe gemessen. Während Wirbelstürme sehr langsam ziehen, sind ihre rotierenden Winde sehr schnell.

Klassifizierung
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach dient die Saffir-Simpson- Hurrikanskala Klassifizierung von Hurrikanen. Die beiden Meteorologen Herbert Saffir und Bob Simpson hatten sie im Jahr 1969 beim U.S. National Hurrikan Center eingeführt. Die Skala ist in fünf Kategorien eingeteilt und gibt Auskunft über:

• Windgeschwindigkeit

• Luftdruck

• Anstieg Wasserspiegel

Kategorien

• Tropische Depression: 46-62 km/h

• Tropischer Sturm: 63-118 km/h

• Kategorie 1 (schwach): 119-153km/h

• Kategorie 2 (mäßig): 154-177 km/h

• Kategorie 3 (stark): 178-208 km/h

• Kategorie 4 (sehr stark): 209-251 km/h

• Kategorie 5 (verwüstend): mehr als 251km/h

Mögliche Schäden

• Kategorie 1
Schäden an Bäumen, Wohnwagen, mögliche Überschwemmungen von Küstenstraßen und leichte Schäden an Hafenanlagen.

• Kategorie 2
Bäume knicken um, stärkere Schäden an Wohnwagen, Beschädigungen an Dächern, Fenstern und Türen von Gebäuden.

• Kategorie 3
Strukturelle Schäden an kleineren Gebäuden, große Bäume werden umgeknickt, Überflutungen in Küstennähe.

• Kategorie 4
Starke Schäden an Wänden und Dächern von größeren Gebäuden, alle Bäume und Sträucher werden umgeweht, Küstengebiete, die niedriger als 3 m über dem Meeresspiegel liegen, werden überflutet.

• Kategorie 5
Häuser und Brücken werden zerstört, kleine Gebäude vollständig um- oder weggeweht, Schiffe werden Hunderte von Metern an Land geworfen. Küstengebiete niedriger als 5 Meter über dem Meeresspiegel sind bis 16 Kilometr landeinwärts überschwemmt.