Vergangenen Freitag sind große Teile der Kollegien am Elisabeth-Selbert-Gymnasium in Bernhausen und am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Sielmingen gegen Corona geimpft worden. Um das zu ermöglichen, ist eine der Schulen selbst tätig geworden.

Filderstadt - Am liebsten würden die drei Mediziner der Gemeinschaftspraxis Kohler und Schmidt-Gruber aus Nürtingen die ganze Welt mit den schützenden Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus versehen. Vor ein paar Wochen habe man damit an einem Polizeirevier angefangen, und vergangenen Freitag am Elisabeth-Selbert-Gymnasium (ESG) in Filderstadt weitergemacht. „Ich opfere dafür meinen Urlaub, aber ich mache das gerne, weil es einfach notwendig ist“, sagt Martin Kohler, während er Spritzen mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer aufzieht.

 

„Wir sind im Grunde der Auffassung, dass es eine Aufgabe des Landes wäre, für einen zügigen Impffortschritt in den Schulen und Kollegien zu sorgen“, sagt der kommissarische Schulleiter des ESG, Thomas Böttner. „Da dies nicht der Fall ist, sind wir selbst tätig geworden.“ Eine Lehrerin des Gymnasiums hatte den befreundeten Allgemeinmediziner gefragt, ob es möglich sei, dass er das Kollegium der genannten Schuleinrichtung und das des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums (DBG) mit der empfohlenen Auffrischungsimpfung versorgen kann.

Die Booster-Impfung dient nicht nur der Lehrerschaft

Er kann, wenn auch nur begrenzt. Von 300 bestellten Dosen wurden ihm und seinen Kollegen von der Praxis 96 zugesagt. Produktions- und Lieferengpässe seien die Gründe dafür, dass es nicht mehr sind. „Moderna ist zwar über die Maße verfügbar und schützt genauso gut, da es sich ebenfalls um einen mRNA-Impfstoff handelt, aber die Akzeptanz von Biontech in der Bevölkerung ist einfach höher“, konstatiert Kohler. So habe er es auch schon erlebt, dass Patienten in seiner Praxis die Impfung abgelehnt haben, da das gewollte Produkt nicht verfügbar war.

Ganz im Gegensatz zu den Sozialpädagogen. „Als die Kolleginnen und Kollegen erfuhren, dass sie unkompliziert im Schulgebäude geboostert werden können, waren alle total begeistert“, erzählt Thomas Böttner. Dabei sei es egal gewesen, welche Art von Impfstoff. Hauptsache Impfung und die Schulen können weiterhin geöffnet bleiben. Insgesamt 71 Lehrerinnen und Lehrer von beiden Einrichtungen haben sich für die angebotene Booster-Impfaktion angemeldet. „Damit erreichen wir eine Impfquote von knapp 98 Prozent“, sagt Heike Homrighausen, die stellvertretende Schulleiterin des DBG. Vor allem würde man damit auch die Schülerinnen und Schüler schützen, die noch zu jung seien, um sich impfen zu lassen, gibt Thomas Böttner noch zu bedenken.

Niedergelassene Ärzte kommen an ihre Grenzen

Das ist mitunter auch ein Grund für die 27-Jährige Julia Kiefer gewesen, die „gerade noch einen freien Platz bekommen hat“. Den letzten, wie sie sagt. Die Lehrerin für Biologie und Chemie hat für den nötigen Pieks kurz den Unterricht verlassen. Nach nicht einmal zehn Minuten hat sie ein Pflaster auf der Einstichstelle und kann wieder zurück in ihre Klasse.

„So pragmatisch, wie das hier vonstatten geht, müsste man die Booster-Impfung eigentlich überall anbieten“, fordert Martin Kohler. In seinen Augen würde man das Thema sowieso zu einem politischen und bürokratischen Monster aufblasen. „Kurz den Ärmel hoch und fertig“, sagt er. Bis Ende September war das noch in den großen Impfzentren im Land möglich. Nun, da die Impfzentren geschlossen sind, müssen er und seine Kollegen aus den anderen Hausarztpraxen herhalten. Datenschutzvereinbarungen, Terminvergabe und Aufklärung über die verschiedenen Impfstoffe: „Das alles ist so zeitintensiv. Kein Wunder kommen wir niedergelassenen Ärzte wieder an unsere Belastungsgrenzen“, sagt Martin Kohler.