Mit Erwin Staudt in der Zacke: Auf dem Weg nach Degerloch erzählt der VfB-Ehrenpräsident von den Höhepunkten seines Lebens. Die Fahrt bergab dauert aber genauso lange. Unterwegs mit einem Entertainer.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Zunächst einmal beschäftigt Erwin Staudt vor allem eine Frage: „Fahr’ ich jetzt etwa schwarz?“ Schwer zu sagen. Tendenz aber: ja. Weil zum ersten Mal in der mittlerweile einjährigen Geschichte des Zahnradbahngesprächs vergessen wurde, die Fahrt vorschriftsmäßig anzumelden. Und so fehlt diesmal bei der Interviewreise vom Marienplatz nach Degerloch und wieder zurück der traditionell vom SSB-Pressesprecher Hans-Joachim Knupfer ausgestellte Freifahrtschein für den prominenten Zacke-Gast. „Oje“, sagt der ehemalige Präsident des VfB Stuttgart.

 

Erwin Staudts anfängliche Unruhe bei seiner ersten Fahrt mit diesem ganz besonderen öffentlichen Stuttgarter Verkehrsmittel verfliegt aber zügig. Denn der 65-Jährige ist schnell ganz woanders: im VfB-Meisterjahr. Den Interviewfahrplan befolgend erzählt Erwin Staudt auf dem Weg nach oben von den Höhepunkten seiner Karriere und kommt dabei zunächst auf den vorletzten Spieltag der Saison 2006/2007 zu sprechen: „In Bochum, das war der Wahnsinn. Die ganz Geschäftsstelle war mit dabei, und wir alle wussten nach dem Spiel: jetzt ist der Titel zum Greifen nah.“ Staudt erinnert sich genau an diesen wegweisenden 3:2-Erfolg und an Mario Gomez, der zuvor lange verletzt gewesen war und nach seiner Einwechslung gleich ein Tor erzielte. Gleichzeitig unterlag Schalke nebenan in Dortmund und Bremen gegen Frankfurt. So war der Weg frei zur fünften Stuttgarter Meisterschaft.

Mit der Schale im Bett

Es sind gemischte Gefühle, die Erwin Staudt mit der Meisterfeier eine Woche nach dem Bochum-Sieg und dem 2:1 gegen Cottbus verbindet. Am 19. Mai 2007 um 17.20 Uhr ist Stuttgart komplett aus dem Häuschen, und Erwin Staudt als Meister-Präsident mittendrin. Er sitzt beim Autokorso zusammen mit dem Kapitän Fernando Meira im Wagen und ist von der Begeisterung rund um den Verein überwältigt. Aber die Masse macht ihm auch Angst. „Immer wieder kippten Polizisten, die uns den Weg frei machten, unter dem Druck der Fans um. Die zogen wir dann zu uns ins Auto“, berichtet Staudt.

Lieber erinnert sich Staudt an die Nacht zurück, in der er sich das Bett mit der Schale teilte, an die Freundschaft mit dem Meistertrainer Armin Veh und an zwei Spieler, die ihm ganz besonders ans Herz gewachsen sind: „Meine beiden Mexikaner Ricardo Osorio und Pavel Pardo. Noch heute ruft mich Ricardo an und sagt dann zum Beispiel: ‚Hey, Presidente, fahre gerade in Moterrey zum Training, muchas gracias, dass ich bei dir spiele durfte.’ Ich sage dann: Ricardo, muchas gracias, dass du für uns gespielt hast.“