Gedanken zum Tod unseres Kollegen Thomas Haid, der die Fußball-Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung geprägt hat. Ein Nachruf von Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Am Sonntag haben wir die niederschmetternde Nachricht erhalten, dass unser Freund und langjähriger Kollege Thomas Haid nach längerer Krankheit im Alter von 61 Jahren gestorben ist. Wir trauern mit seiner Ehefrau und den drei Töchtern.

 

Thomas Haid war ein ganz besonderer Journalist, ein unkonventioneller Vollblutredakteur, ein Typ mit Ecken und Kanten, kein Ja-Sager, ein großer Fußballexperte. Der VfB Stuttgart wurde zu seiner journalistischen Leidenschaft. Er war ganz nah dran an diesem Club und hielt trotzdem immer eine kritische Distanz zu ihm. Ein Spagat, der nur wenigen Redakteuren gelingt. Ihm gelang er in einer geradezu vorbildlichen Art und Weise.

Thomas Haid ließ sich nie von Äußerlichkeiten blenden, von Hierarchien beeindrucken und von blumigen Versprechungen ködern. Er war mutig, stellte Funktionsträgern unangenehme Fragen und ließ sich nicht von ihnen vereinnahmen. Er machte sich so nicht nur Freunde. Kumpelhaftes Auftreten gegenüber Vereinen und Verbänden war ihm ein Graus. Freundschaften gab es für ihn im Fußballgeschäft nicht. Er wollte frei sein in seiner Bewertung. Diese Einstellung gab er an jüngere Kollegen und Kolleginnen weiter. Für Gespräche mit dem journalistischen Nachwuchs nahm er sich selbst in Stresssituationen Zeit. Das war ihm wichtig, auch dafür wurde er geschätzt..

Allenfalls Sympathien gestattete er sich gegenüber Personen, über die er schrieb. Dieses sehr vorsichtige Wohlwollen empfand er Typen gegenüber, die – wie er selbst – einen eigenen Weg beschritten. Der frühere VfB-Kapitän Zvonimir Soldo gehörte zu den von Thomas Haid geschätzten Persönlichkeiten, oder Karlheinz Förster. Ebenso die Trainer Ralf Rangnick und Armin Veh, er wurde auf der anderen Seite auch von ihnen für seine unverstellte Art gemocht.

Thomas Haid kannte nicht nur jeden, der intensiv mit dem Bundesliga-Fußball zu tun hat. Ihn kannte auch jeder. Kollegen aus Hamburg, Berlin, Köln oder München, die etwas über den VfB wissen wollten, fragten zuerst bei ihm nach. Und sein Telefonbuch besitzt Legendenstatus. Feinsäuberlich von Hand wurden von ihm darin Hunderte von Namen und Telefonnummern aufgeschrieben, die wichtig sind im deutschen Fußball. Und es waren nicht die Nummern der Vorzimmer, die dort aufgelistet wurden, sondern immer die privaten Handyverbindungen.

Thomas Haid zeichnete ein glasklare Sprache aus

Außer Dienst war Thomas Haid eigentlich nie. Auch im Urlaub war er ständig bestens über die Vorgänge beim VfB Stuttgart informiert, hatte auch an einem freien Tag zwischen 9 und 10 Uhr bereits alle Entscheidungsträger abtelefoniert. In den letzten Jahren konnte er dann aber auch immer einmal wieder abschalten im Kreis seiner Familie, zu der seit zwei Jahren auch ein Enkelkind gehört. Am liebsten in der Ferienwohnung in Oberstdorf, seiner zweiten Heimat. Dort fuhr er im Winter mit großer Begeisterung Ski und spielte im Sommer Tennis.

1997 trat Thomas Haid eine Redakteursstelle bei der Stuttgarter Zeitung an. Zuvor arbeitete er als freier Mitarbeiter für die StZ und als Agenturjournalist beim Sportinformationsdienst Düsseldorf (sid). Die Sprache von Thomas Haid war glasklar und direkt. Journalismus war für ihn keine Kunstform, vielmehr sollten die Texte für jeden verständlich sein und möglichst auch keine Leser ausgrenzen.

Der gebürtige Stuttgarter und überzeugte Vaihinger hatte in München Journalistik und Amerikanistik studiert. Schon zu Schulzeiten war ihm klar, dass außer dem Sportjournalismus beruflich nichts Anderes für ihn infrage kommen würde. Dieser Sportjournalismus hat in Thomas Haid nun einen seiner leidenschaftlichsten Vertreter verloren.