Marode Straßen, vernachlässigte Wasserwege, Defizite beim Ausbau des Breitband-Internets: die deutsche Infrastruktur ist dringend überholungsbedürftig. In einer Serie beleuchtet die Stuttgarter Zeitung die wichtigsten Aufgaben, die Deutschland zu lösen hat.

Stuttgart - Mit dem Fernbus für 20 Euro quer durch die Republik – das ist für Peter Ramsauer eine echte Erfolgsgeschichte. Der Verkehrsminister verweist gerne und stolz darauf, welchen Ansturm von Fahrgästen die neuen Reiseangebote seit der Liberalisierung des Marktes verzeichnen. Der Boom hat allerdings auch eine Kehrseite: In immer mehr Städten sind die Busbahnhöfe nun überlastet und müssten dringend ausgebaut werden. Doch dafür fehlt vielen Kommunen das Geld.

 

Dort sieht man eher die Busreisen-Anbieter in der Pflicht, neue Kapazitäten zu schaffen. Zumal viele Städte, Gemeinden und ihre Bürger schon jetzt ein riesiger Investitionsstau plagt. Ein Beispiel: von den 67 000 kommunalen Straßenbrücken gilt jede zweite als sanierungsbedürftig. Rund 10 000 dieser Bauwerke sind nach einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik so marode, dass nur noch Abriss und Neubau bleiben. Allein für diesen Ersatz veranschlagen die Forscher bis 2030 einen Finanzbedarf von 17 Milliarden Euro.

Deutschland und seine Infrastruktur: diesem Thema widmet die Stuttgarter Zeitung eine Artikelserie. Bis zum nächsten Samstag beleuchten wir den Zustand der Straßen und Wasserwege. Wir fragen, ob die Brücken noch sicher sind, beschreiben die Mängel bei den Datenleitungen, beleuchten die Situation der Bahn und die Defizite beim Hochschulbau.

Es fehlt viel Geld – das ist inzwischen Allgemeingut

Einerseits verfügt Deutschland über eines der besten Straßen- und Stromnetze der Welt, andererseits besteht an zahlreichen Ecken seiner Infrastruktur Nachholbedarf. Dass in Zukunft mehr Geld für den Unterbau, für das Fundament unserer Wohlstandsgesellschaft ausgegeben werden muss, darüber sind sich alle Parteien einig. „Ein Land, in dem Straßen und Brücken verrotten, wird selber verrotten.“ Mit solch markigen Worten hat Torsten Albig, der SPD-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, diese Grundüberzeugung, die mittlerweile schon Allgemeingut auch bei Industrieverbänden und Gewerkschaften ist, zu Beginn der Sondierungsgespräche zwischen SPD und Union ausgedrückt.

Wunschliste der Verkehrsminister

Wo das Geld allerdings für eine solche Herkulesaufgabe herkommen soll, darüber herrscht zwischen den Parteien kein Konsens. Die CDU hat zwar in ihrem Regierungsprogramm ein Investitionsprogramm von 25 Milliarden Euro allein für den Bau und die Sanierung von Fernstraßen versprochen, aber die Finanzierung offengelassen. Sie lehnt Steuererhöhungen ab. Die SPD wiederum ist überzeugt, dass es ohne Steuererhöhungen nicht geht. Zumal nicht nur in die Mobilität – in Schiene, Straßen, Wasserwege – mehr Geld fließen soll, sondern auch in andere Bereiche der Infrastruktur – etwa in den Ausbau der Breitbandtechnologie sowie in Bildung und Pflege. Ob es in der Frage des Geldes einen Kompromiss gibt, ist offen.

Eine parteiübergreifende Verständigung haben die Verkehrsminister in ihrem Bereich immerhin schon geschmiedet. Sie forderten auf einer Sonderkonferenz kurz vor den Koalitionsverhandlungen, der Bund solle aus dem Haushalt jährlich 2,7 Milliarden Euro mehr lockermachen und über 15 Jahre so einen Sonderfonds für die Sanierung der Straßen speisen. Dieser Vorschlag liegt nun auf dem Tisch der künftigen Koalitionäre.