Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer erwartet bei den Grünen nach dem schlechten Ergebnis bei der Bundestagswahl harte Auseinandersetzungen zwischen Realos und Linken.

Tübingen - Boris Palmer hält die Niederlage der Grünen bei der Bundestagswahl für selbst verschuldet. Bei der nun fälligen Neuausrichtung stehe die Partei vor einer Zerreißprobe, sagt der grüne Tübinger Oberbürgermeister.

 
Herr Palmer, sind die Grünen das Opfer einer Kampagne der politischen Gegner?
Wir sollten dieses wirklich katastrophale Wahlergebnis nicht mit Ausreden erklären. Im Wahlkampf gibt es Kampagnen, wenn man sich da nicht wehren kann, dann hat man selbst was falsch gemacht.
Was denn bitte?
Es gibt ein Bündel von Ursachen. Die Pädophilie-Diskussion hat Sympathien gekostet, die Veggie-Day-Debatte war ein Problem. Mich interessiert die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass wir bei dieser Wahl fast so viele Stimmen an die SPD wie an die CDU verloren haben und keine von den Linken gewinnen konnten. Warum also sind wir auf unsere grüne Kernwählerschaft zurückgefallen? Für mich ist die plausibelste Erklärung, dass wir uns als dritte linke Partei positioniert haben. Und nicht mehr als eigenständige, grüne Kraft mit eigenen, auch liberalen Antworten auf die soziale Frage und einem Schwerpunkt der Ökologisierung der Wirtschaft. So sähe meine Wunschvorstellung vom Auftreten der Grünen aus.
Aber mit einer Linie wie dieser sind die Realos auf dem Parteitag gescheitert.
Der Parteitag hat anders entschieden, ja. Deswegen müssen wir alle die Verantwortung für das Ergebnis übernehmen. Ich beziehe mich da ausdrücklich ein.
Waren Sie auch für Steuererhöhungen?
Der eigentliche Fehler des grünen Steuerprogramms war, dass es veraltet ist. Vor drei Jahren habe ich mich wegen katastrophaler Zahlen im Haushalt der Stadt Tübingen für höhere Steuern ausgesprochen. Schon 2012 war diese Forderung angesichts unerwartet stark steigender Steuereinnahmen nicht mehr zeitgemäß. Aber die neue Lage haben wir Realos der Partei nicht vermitteln können.
 
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