Bernhard Lobmüller von Allianz Volleyball Stuttgart sagt, dass sich Randsportarten trotz der Scharrena in Stuttgart schwer tun.

Stuttgart - Die Stadt hat mit der 2000 Zuschauer fassenden Scharrena in der Untertürkheimer Kurve der Mercedes-Benz-Arena eine Sportstätte für Spitzenmannschaften mit kleinem Geldbeutel geschaffen. Beim Neckarparkfest konnten sich die Besucher am Sonntag (elf bis 17 Uhr) einen Eindruck von der Halle und von 18 Uhr an vom Frauenbundesligateam Allianz Volleyball (SAS) machen, das als Pokalsieger im Supercupfinale auf den Meister aus Schwerin traf. Nach der Insolvenz des Frauenhandball-Bundesligateams HV Kickers/Sindelfingen ist SAS der einzige Erstligist in der Scharrena. Zu deren Lage äußert sich Bernhard Lobmüller, Geschäftsführer der Stuttgart Indoors GmbH, die das Team vermarktet.

 

Herr Lobmüller, die Bundesliga-Handballerinnen können wegen der Insolvenz ihrer Vermarktungsfirma HSM nun doch nicht in der Scharrena antreten. Wie steht es mit der Solvenz der Indoors GmbH, die die Basis für den Volleyball-Bundesligabetrieb bildet?

Die Solvenz der Indoors GmbH ist jeden Tag die größte Herausforderung, die ich in meinem Berufsleben hatte. Der laufende Betrieb ist gesichert, aber wir müssen ständig hart an den wichtigen Themen arbeiten. Wie erweitern wir die Einnahmequelle Sponsoren, wie senken wir die Kosten und wie verkaufen wir die Tickets für die Scharrena? Wir streben eine Auslastung von 70 Prozent an.

Wie sieht die Zukunft aus?

Es gilt, neue Wege zu finden, um Toprandsportarten zu entwickeln. Das ist die größte Schwierigkeit, denn hier arbeiten wir noch voll im ehrenamtlichen Bereich. Unsere Kapitaldecke lässt es nur zu, Gehälter für Spielerinnen, Trainer, Betreuer und Physiotherapeuten zu bezahlen. Die Sorge, dass wir in der übernächsten Saison nicht mehr in der Halle antreten können, habe ich schon. Ich vertraue aber wie in den Vorjahren auch auf unser Können, die Privatwirtschaft davon zu überzeugen, dass sie mit uns gemeinsam einen auch für sie erfolgreichen Weg bestreiten.

Unternehmen sind lieber der 87. Sponsor des VfB als der Topunterstützer eines Randsportartteams. Wie denken Sie darüber?

Die Bereitschaft von Sponsoren, bei uns mitzumachen, ist groß. Natürlich präferieren viele den VfB, einige gehen aber auch vom Fußball weg. Wir sehen darin die Chance zu zeigen, dass bei Stuttgart Allianz Volleyball nicht nur über Fairplay geredet wird, sondern auch praktiziert. Wir geben nur so viel Geld aus, wie wir haben und wie uns zugesagt wurde. Wenn allerdings die Zusage nicht eingehalten wird, dann hast du in der Tat ein Problem.

Die Handball-GmbH ist nicht die erste, die über die Lohnnebenkosten stolpert. Wie sieht das bei der Indoors aus?

Alle Spielerinnen haben einen Vertrag mit der Indoors. Teilweise arbeiten sie zusätzlich bei uns im Verein oder bei Sponsoren auf 400-Euro-Basis. Weitere Zahlungen gibt es nicht. Wir haben 2010 rund 140.000 Euro Sozialversicherungsabgaben bezahlt, das sind 60 Prozent zu den Nettogehältern, die zusätzlich zu erwirtschaften sind. Eine für mich erstaunliche Zahl, die deutlich macht, dass Vereine in Not gerade auf diesem Sektor versuchen, das Financial Fairplay zu umgehen. Ich sage deutlich: Unter meiner Verantwortung findet so etwas nie statt. Wir lassen übrigens unsere Gehaltsbuchhaltung von einem Sponsor, einem mittelständischen Unternehmen, erledigen. Das ist eine Möglichkeit, Geldgebern zu zeigen, dass wir transparent sind.

Die Scharrena soll Vereinen helfen, Zuschauereinnahmen zu generieren, um den Weg an die Spitze zu schaffen. Wie zufrieden sind Sie mit der kommunalen Unterstützung?

Seit drei Spieltagen haben wir endlich eine Sportstätte, in der wir unser Ziel erreichen können, jedes Jahr einen Titel wie den Deutschen Pokalsieg 2011 zu holen und Kult in Stuttgart zu werden. Im Vergleich zu unserer Ligakonkurrenz sind wir leider benachteiligt, da diese Vereine längst in die städtischen Netzwerke eingebunden sind. In Stuttgart werden schon mal Vereinbarungen nicht eingehalten und damit auch die sozialen Aufgaben gefährdet, die ein Club wie SAS im Jugend- und Nachwuchsbereich wahrnimmt. Immerhin haben wir in der Region Stuttgart bei unserer Talentschmiede VC Stuttgart 120 Sportler mit bereits vielen nationalen Titeln.

Statt Kindergärten soll die Stadt nun also Profisport finanzieren?

Nein, ich möchte nur, dass sich die Verantwortlichen im Gemeinderat und in der Verwaltung der einmaligen Chance bewusst sind, dass sie einer sympathischen Spitzenmannschaft den Weg bereiten können - aber auch, dass sie die Gefahr sehen, dass wir nächstes Jahr vielleicht aufhören müssen. Dann wären 15 Millionen Euro für die Halle in den Sand gesetzt.

Immerhin subventioniert die Stadt Stuttgart den Hallenbetrieb mit 160.000 Euro pro Jahr, um die Vereine zu stärken.

Und trotzdem kostet uns die Halle pro Spieltag etwa 3000 Euro. Die Miete macht insgesamt 20 Prozent unseres Budgets ohne Gehälter aus. Das ist eine große Hürde. Dresden bekommt für den zweiten Platz in der Liga 50.000 Euro von der Stadt, bei uns gab es für den Pokalsieg für jeden ein Handtuch.

Sind Sie mit der neuen Halle zufrieden?

Die Scharrena ist wirklich einzigartig für Sportler und Zuschauer. Allerdings hat sie auch ein paar Nachteile, etwa bei der Gastronomie und der Ausstattung. Diese Mängel hätten vermieden werden können, wenn man in der Planungsphase Praktiker und externe Experten gehört hätte.