Eine Investorin aus China hat in Baiersbronn das frühere Schwarzwald Sanatorium gekauft. Nun sollen sich ihre finanzstarken Kunden im Schwarzwald erholen – und der Ort ist vor Freude aus dem Häuschen.

Baiersbronn - Zuerst habe er an einen Traum geglaubt, erzählt der Baiersbronner Bürgermeister Michael Ruf. Eine chinesische Firma hatte sich bei ihm gemeldet und wollte das einst renommierte Schwarzwald Medical Resort kaufen. Die Privatklinik, unter anderem spezialisiert auf Naturheilverfahren, hatte Mitte Januar vorigen Jahres Insolvenz anmelden müssen. Das sei ein Schock für die Gemeinde gewesen, rund 100 Arbeitsplätze seien verloren gegangen und immerhin 40 000 Übernachtungen.

 

Und nun wollte eine chinesische Milliardärin aus Hangzhou das Sanatorium übernehmen und ihrer kaufkräftigen Klientel neben Behandlungen in Kosmetikstudios in China und Hongkong auch einen Rundum-Sorglos-Erholungsurlaub in sauberer Schwarzwälder Luft anbieten. Weitere Investitionen könnten folgen, da zu den Kunden viele Unternehmer gehören. Bedingung: für Wenhong Yu, die Chefin der Young Merry Real International Group, müsste eine Landemöglichkeit für Hubschrauber bereit stehen. Hierbei zumindest konnte der Bürgermeister behilflich sein, schließlich kommen der Trigema-Chef Wolfgang Grupp regelmäßig und gelegentlich auch Gäste der beiden Baiersbronner Spitzenhotels Traube Tonbach und Bareiss mit dem Helikopter.

Bürgermeister und Geschäftsleute schwelgen im Glück

Mittlerweile können der Bürgermeister und die Geschäftsleute ihr Glück noch gar nicht fassen. Anfang Juni 2014 hat Wenhong Yu das Schwarzwald Sanatorium in Baiersbronn-Obertal gekauft, die HG Health GmbH übernimmt den operativen Bereich. Zwei Reisegruppen waren im November und im Dezember in Obertal. Frank Klumpp vom nahe gelegenen örtlichen Dorfladen, in dem es Lebensmittel, aber auch Zahnpasta und Schneeschippen gibt, hat die „sehr freundlichen“ chinesischen Gäste in bester Erinnerung. Pflegeprodukte, Honig und Süßigkeiten hätten sie bei ihm eingekauft, erzählt er. Und sie hätten wissen wollen, wo sie denn bestimmte Markenartikel erstehen könnten, teure Taschen oder einen Marken-Messerblock. Drei der Gäste seien sehr an der deutschen Wohnkultur interessiert gewesen. Seine Tochter habe sie durch die über dem Laden liegende Wohnung geführt. Von einem „traumhaft guten Geschäft“ schwärmt auch Elli Finkbeiner. Sie führt die Geschenkboutique des gegenüber liegenden Fünf-Sterne-Hotels Engel. Dass sie nach dem Besuch der Chinesen ausverkauft gewesen sei, wie es im Dorf die Runde macht, weist sie aber zurück.

Die Chefin eines Schönheitsimperiums kommt zum Blitzbesuch

Jetzt war Wenghong Yu wieder zu einem Blitzbesuch in Baiersbronn. Freundlich lächelnd erzählt die Firmenchefin von den Anfängen des Unternehmens, das sie vor 22 Jahren gegründet hatte. Mit einem gerade einmal elf Quadratmeter großen Studio und zwei Behandlungsbetten hatte Yu begonnen, heute ist die Firma eine Aktiengesellschaft mit 36 Niederlassungen in China und 435 Franchisenehmern, die mehr als 4500 Kosmetikstudios betreiben. „Luxus ist für mich, wenn ich Zeit für meinen Sohn und meine Familie habe“, sagt sie.

Das Geschäft mit der Schönheit und der Gesundheit brummt in China. Und in Hangzhou, einer Acht-Millionen-Stadt rund 190 Kilometer südwestlich von Shanghai, leben offensichtlich betuchte Kunden, die sich den Wunsch von ewiger Jugend und Schönheit erfüllen wollen. Stolz zeigt die 45-Jährige, die deutlich jünger aussieht und somit das beste Aushängeschild ihrer Beauty-Firma ist, Vorher-Nachher-Fotos von Frauen und Männern. Falten, dicke Backen oder Unebenheiten im Gesicht werden in China weggespritzt. Kein Botox, sondern natürliche Substanzen, die Kunst sei, die „richtigen Punkte“ zu treffen, sagt der chinesische Geschäftsführer Hong Bao Guo. Und sein deutscher Kollege Klaus Krüger schwört Stein und Bein, dass die Fotos nicht nachbearbeitet seien, er habe selbst „lebende Beweise“ gesehen. In Obertal aber sollen sich die chinesischen Gäste einfach erholen. Der Baden-Badener Arzt Hendrik Schöbe, der auf Naturheilverfahren, Anti-Aging und Frischzelltherapie setzt, soll das Sanatorium leiten. Die Zulassung als Klinik sei beantragt, sagt Krüger. Zum Programm gehören auch Sightseeing, Weinverkostungen, Besuch historischer Sehenswürdigkeiten – und Zeit zum Shoppen in Baden-Baden oder in Stuttgart. Rund zwei Millionen Euro habe dort eine Gruppe von 100 Personen an einem Nachmittag ausgegeben, berichtet Bürgermeister Ruf, und er ist noch immer sichtlich beeindruckt. Sein Bild vom kommunistischen China jedenfalls habe er revidiert.