Das Essen ist exquisit, die Schuhe handgenäht – und das Geschäft unglaublich schmutzig: ein Teil von Joakim Zanders „Der Schwimmer“ beschäftigt sich mit der Brüsseler Lobbyistenszene. Und dann sind da noch ein alter Agent, eine junge Politreferentin und eine ganze Bande von skrupellosen Dunkelmännern . . .

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Einen gewissen Teil der grassierenden Europaverdrossenheit kann man bestimmt auf eine Sache zurückführen: den Lobbyismus. Der Vorstellung, dass Frauen und vor allem Männer in den Separées von Brüsseler Sterne-Restaurants zusammensitzen, um Entscheidungen in eigenster Sache auf den Weg zu bringen, wohnt in der Tat etwas sehr Bedrohliches inne. Der schwedische Autor Joakim Zander hat als Jurist Berufserfahrung im Europäischen Parlament und bei der Europäischen Kommission gesammelt, und so beschreibt er sehr eindrücklich, wie es zugeht in der Welt der Maßschuhträger, Jaguarfahrer, Karrieristen, der Strippenzieher und der im Übrigen Moralelastischen. Diese Schilderungen gehören zu den ganz starken Momenten seines Debut-Thrillers „Der Schwimmer“, der in der schwedischen Presse hochgelobt wurde.

 

Zanders Buch handelt von einem amerikanischen Agenten, der vor Jahrzehnten bei einem Anschlag im Nahen Osten seine Frau verloren hat. Es handelt von seiner Tochter, die er in all den Jahren nicht mehr gesehen hat und die jetzt als Referentin in Brüssel Karriere macht. Es handelt von einem jungen Politologen, der an Informationen kommt, gegen deren Inhalt der Skandal von Abu Ghraib fast harmlos ist. Und es handelt von staatlichen wie privatwirtschaftlichen Geheimdienstlern, die diese brisanten Berichte eliminieren wollen – und am besten auch gleich alle, die damit in Berührung gekommen sind. Sicher ist sicher.

So gehört der „Schwimmer“ in die Reihe von spannungsträchtigen Thrillern, die durchaus eine gewisse gesellschaftliche und politische Brisanz besitzen. Und er enthält auch sonst alle Elemente, die das Genre so braucht: internationale Schauplätze, Verfolgungsjagden, Liebe, rhythmisch sauber durchgetaktete Perspektiv- und Tempowechsel.

Das Personal hingegen ist eher oberflächlich gezeichnet: die bildhübsche Halbwaise, ihre grundgütigen Großeltern, ihr patenter Sandkastenfreund – vor allem auf der Seite der Guten bleiben die Charaktere dem Klischee verhaftet, ohne nennenswerte Brechungen und Abgründe. Und so ist der „Schwimmer“ ein gutes Stück Unterhaltungsliteratur. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr.

Joakim Zander: „Der Schwimmer.“ Roman. Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein und Nina Hoyer. Rowohlt, Reinbek. 432 Seiten, 14,99 Euro. Auch als E-Book, 12,99 Euro, und als Hörbuch-Download, 12,99 Euro.