Ladendiebe, deren Beute weniger als 25 Euro wert war, hatten von der Justiz bisher wenig zu befürchten – sehr zum Leidwesen der Ladenbesitzer. Das ändert sich jetzt: Justizminister Guido Wolf (CDU) hat die Bagatellgrenze kassiert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ladendiebstähle werden in Baden-Württemberg künftig unabhängig von der Höhe des Schadens stets strafrechtlich verfolgt. Die bisher geltende Bagatellgrenze von 25 Euro fällt von diesem Freitag an weg. Darüber hat Justizminister Guido Wolf (CDU) nach Informationen unserer Zeitung jetzt die beiden Generalstaatsanwälte und die Chefs der Staatsanwaltschaften im Südwesten informiert. Mit der Änderung der einschlägigen Verwaltungsvorschrift entfalle die bisherige Wertgrenze „bei massenhaft auftretenden Eigentumsdelikten“, heißt es in seinem Rundschreiben zur „Bekämpfung der Kleinkriminalität“. Zuvor hatte der Normenkontrollrat des Landes keine Einwände gegen die bereits im März angekündigte Änderung erhoben.

 

Bisher wurde bei Schäden bis zu 25 Euro ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung verneint. Sofern es nicht um Wiederholungstäter oder ein besonders professionelles Vorgehen ging, wurden die Verfahren eingestellt. Bei den Bürgern könne dadurch der Eindruck entstehen, „dass Ladendiebstähle jedenfalls von Ersttätern folgenlos und ohne jedes strafrechtliche Risiko begangen werden können“, hatte Wolf seine Initiative begründet. Dies würde das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben.

Wunsch des Einzelhandels erhört

Mit der jetzt vollzogenen Änderung erfüllt der Justizminister eine langjährige Forderung des Einzelhandels. Die Abschaffung der Bagatellgrenze sei „ein starkes Signal, dass Ladendiebstahl nie eine Bagatelle ist“, lobte der zuständige Verband. Die Justiz müsse nun die notwendigen Kapazitäten schaffen, um die Verfolgung sicherzustellen. Viele Händler hätten Ladendiebstähle zuletzt nicht mehr angezeigt, weil sie befürchteten, dass es „nichts bringt“. Beifall für die Initiative war von der Polizei gekommen. „Wir arbeiten hier zukünftig nicht mehr für den Mülleimer der Justiz“, sagte ein Sprecher der Polizeigewerkschaft.

In der Justiz hatte es auch Bedenken wegen der zusätzlichen Arbeitsbelastung gegeben. Minister Wolf erwartet einen „gewissen Mehraufwand“ für die Staatsanwaltschaften und einen moderaten Anstieg von Gerichtsverfahren. Dies falle jedoch nichts ins Gewicht. Zugleich verwies er auf die neu geschaffenen Stellen für Staatsanwaltschaften und Gerichte. Während die CDU Wolfs Vorstoß ohne Vorbehalt unterstützte, hatten sich die Grünen zurückhaltender geäußert. Die Opposition drang darauf, dass den Worten auch Taten folgen müssten.