Der Bund plant ein Gemeinsames Abwehrzentrum. Er hat seine Rechnung aber ohne die Länder gemacht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält sich selbst für einen überzeugten Anhänger des föderalen Staates, in dem nicht alles zentral geregelt wird. Das betont er zumindest immer wieder. In der Praxis verhält er sich jedoch anders. Friedrich brüskierte die Länder schon vor Monaten mit seinen Plänen für einen Umbau der Sicherheitsarchitektur. Bei einem Treffen mit den Ministerkollegen aus der Provinz holte er sich dafür eine harsche Abfuhr. Doch der CSU-Mann hält unbeirrt daran fest. Jetzt hagelt es Kritik wegen Friedrichs Absicht, ein Gemeinsames Abwehrzentrum gegen Spionage, Waffenhandel und Extremismus einzurichten. Die Länder fühlen sich übergangen. Der Innenminister will die Anti-Terror-Zentrale schon am Donnerstag in Betrieb nehmen.

 

Völlig überraschend kommt das Projekt nicht. Es entspricht den Anfang September verkündeten Plänen für eine Neustrukturierung der Sicherheitsorgane. Friedrich hatte damals schon dafür geworben, die Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten und Polizei sowie zwischen den unterschiedlichen Ebenen dieser Behörden zu verbessern. Er hatte in diesem Zusammenhang sich dafür ausgesprochen, für sämtliche Gefährdungsbereiche Gemeinsame Abwehrzentren einzurichten, an denen alle Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern beteiligt sind.

Ein Vorbild für das Zentrum existiert bereits

Ein Modell dafür bietet das Gemeinsame Zentrum zur Abwehr des islamistischen Terrorismus, das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geschaffen worden war. Sein Sitz ist in Treptow. Dort arbeiten auf einem ehemaligen Kasernenareal 230 Beamte verschiedener Sicherheitsbehörden zusammen. Nach dem gleichen Muster funktioniert das im Dezember 2011 installierte Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsterrorismus. Friedrich will nun, dass die Sicherheitsorgane in ähnlicher Weise bei der Bekämpfung von Spionage, internationalem Waffen- und Sprengstoffhandel, Linksextremismus sowie Ausländerextremismus kooperieren.

Dieses neue „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum“ soll am Donnerstag in Köln und Meckenheim bei Bonn eröffnet werden. „Es wäre unverantwortlich, den Eindruck zu erwecken, wir änderten die Organisationsstrukturen immer erst dann, wenn eine Katastrophe passiert“, sagt ein Experte aus dem Bundesinnenministerium.

Friedrichs „Alleingang“ stößt auf Widerstand

Die Pläne stoßen auf Vorbehalte bei den Ländern. Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem „Affront“. In einem Brief beklagt er Friedrichs „Alleingang“. Jäger zufolge sind auch die Länder für einen engeren Informationsaustausch. Doch müssten die Aufgaben des neuen Zentrums „von allen Beteiligten gemeinsam und auf Augenhöhe entwickelt und im Konsens beschlossen werden“. Er habe Friedrich gebeten, „von dem Schnellschuss Abstand zu nehmen“.

Auch Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kritisierte Friedrichs Vorhaben. Ob sein Land mitmachen werde, ließ Stahlknecht offen. Aus Friedrichs Umfeld heißt es: „Wir brechen nichts übers Knie. Die Länder werden dieses Forum nutzen.“ SPD und Linke zweifeln derweil am Sinn des neuen Zentrums. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, warf Friedrich einen „Profilierungsversuch zur Unzeit“ vor. Die Innenexpertin der Linken, Petra Pau, sieht ebenfalls keinen Sinn in dem „Superzentrum gegen Allroundextremismen“. Es werde „zusammengeführt, was nicht zusammengehört“.