Der Planungsverband Unteres Remstal der Städte und Gemeinden Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt winkt das Gewerbegebiet Lange Äcker III gegen den Bürgerwillen durch. Pläne werden erneut ausgelegt.

Kernen - Die elfte Änderung des Flächennutzungsplans im unteren Remstal umfasst vier Gebiete, in drei Fällen werden die Baugebiete reduziert. Bleiben die Langen Äcker III in Rommelshausen, ein Gebiet von fast drei Hektar Größe, das südlich der Weinkellerei Kern bis zu zwei auffälligen Feldscheuern reicht. „Man wird sich mit diesem Gebiet beschäftigen müssen“, sagt der Planer, Professor Wolfgang Schwinge vom Büro Orplan in Stuttgart. Nach einer ausführlichen schriftlichen Darstellung des Für und Wider und einer summarischen Bewertung in einer Rede Schwinges beschloss die Verbandsversammlung im Planungsverband Unteres Remstal am Montagabend mit den Stimmen aus Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt, also einstimmig, dass der vorliegende Entwurf nicht verändert wird und die Pläne erneut öffentlich ausgelegt werden. Die von Bürgern verlangte Aussetzung des Verfahrens haben die Verbandsmitglieder, die Stadt- und Gemeindeverwaltungen im Unteren Remstal, abgelehnt.

 

Für Zündstoff sorgen vom Aussterben bedrohte Rebhühner

Das vorgesehene Gewerbegebiet Lange Äcker III bietet mittlerweile wegen der dort lebenden, höchst gefährdeten Rebhühner derart viel Zündstoff für den Planungsverband Unteres Remstal (PUR), dass die Fellbacher Baubürgermeisterin Beatrice Soltys, die derzeitige Leiterin der PUR-Geschäftsstelle, sich inzwischen von einem Rechtsbeistand unterstützen lässt. „Die entstandenen Fragen um den Artenschutz für die Rebhühner betreffen auch Fellbach“, sagte die Bürgermeisterin am Montag. „Wir werden uns rechtlich damit auseinandersetzen und Herrn Friedrich oder jemand anders zu uns bitten“, kündigte sie an. Bernd Friedrich ist der Erste Landesbeamte im Landratsamt Waiblingen und damit der oberste Chef der unteren Naturschutzbehörde im Kreis. „Wir gehen das aktiv an“, versprach Beatrice Soltys.

Und was dann, wenn die Rebhühner sterben?

Michael Vonau, der Fellbacher Grünen-Stadtrat, hatte als Delegierter des Gemeinderats in der Kappelbergstadt zuvor die Fragen aufgeworfen, die offenkundig auch die Geschäftsstelle und ihre Leiterin angesichts der Ungewissheit beschäftigen: „Was passiert eigentlich, wenn die Schutzmaßnahmen für die Rebhühner nicht funktionieren? Wie sinnvoll ist es, das Verfahren um die Langen Äcker weiterzuführen?“ Die Antwort dazu gab Horst Schaal, der Kernener Beigeordnete und Bauamtsleiter, so: „Wir gehen davon aus, dass wir erfolgreich sind. Wir haben einen Hektar Land aufgekauft und aus der Bewirtschaftung genommen. Wir haben eine ehemalige Obstbaumplantage gerodet und Futterstellen eingebracht. “

Der Erfolg solcher Angebote an die Tiere müsse nicht bedeuten, dass sich die Population der Rebhühner während des dreijährigen Beobachtungszeitraums, des sogenannten Monitorings, um ein Viertel erhöht, wie von Seiten von Naturschützern immer wieder dargestellt wird. „Das ist nicht richtig“, behauptete der Planer Wolfgang Schwinge. „Es reicht aus, dass sich die Verhältnisse nicht verschlechtern.“ Man könne auch nicht behaupten, dass die Änderung des Flächennutzungsplans ausgesetzt werden müsse, bis das Monitoring abgeschlossen ist. Bürger hatten dies in den insgesamt sieben eingegangenen privaten Einwendungen unter anderem gefordert.

Gutachter sieht erste Erfolge

Im übrigen bezog sich Schwinge auf eine Aussage des Gemeinde-Gutachters Peter Endl, der das erste Jahr der Beobachtung Anfang Januar als erfolgreich bezeichnete: „Das hat der Gutachter unserem Büro schriftlich bestätigt.“ Einzelheiten, worin der Erfolg des ersten Jahres lag, konnte Michael Vonau auf seine Nachfrage nicht erfahren. Umweltschützer hatten in der jüngeren Vergangenheit dagegen nachgezählt. Von sieben nachgewiesenen Rebhühnern hatte sich die Population nach ihrer Beobachtung auf vier Tiere, darunter nur eine Henne, reduziert. Damit wäre im kommenden Frühjahr nur maximal ein Brutpaar möglich. Auch über den tatsächlichen Bruterfolg im vergangenen Frühjahr ist bisher nichts bekannt geworden. Falls sich tatsächlich im dreijährigen Beobachtungszeitraum die Population der Rebhühner nicht stabilisiert, könnte dies nach Meinung von Schwinge dazu führen, dass die Gemeinde Kernen ihren Bebauungsplan nicht in Kraft setzen kann. Das Risiko der Planungskosten und Grundstückskäufe trägt laut seiner Aussage allein die Gemeinde Kernen. Die Planungsausgaben für das Gewerbegebiet „Lange Äcker III“ wurden allein in den Jahren 2014 und 2015 auf mehr als 100 000 Euro taxiert. Für den Grunderwerb hat die Gemeinde Kernen 1,6 Millionen Euro eingeplant.

Alternativen zu den Langen Äckern III überzeugen nicht

Der beauftragte Architekt und Freiraumplaner verhehlt nicht, dass auch in den Stellungnahmen der Behörden, darunter des Landratsamts, deutliche mahnende Worte wegen des Landverbrauchs und der unwiderbringlichen Zerstörung bester Ackerböden an die Adresse des Planungsverbands gerichtet worden sind. Andererseits sind nach Meinung von Schwinge in der Abwägung auch vorgeschlagene Alternativstandorte nur schwer so einzuordnen, dass sie bebaut werden könnten. Im Falle der Langen Äcker III müssten die Bürgervertreter in der Verbandsversammlung auch bedenken, dass die Gemeinde Kernen gleichzeitig durch den Verzicht auf die einst ins Auge gefasste Ortsrandstraße vom Gewerbegebiet zur Fellbacher Straße in Rommelshausen etwa ein Hektar Fläche einspare und diese der Landwirtschaft erhalten bleibe.

Bedarf an Gewerbebauland nachgewiesen

Der Bedarf an Gewerbebauland in Kernen sei „plausibel nachgewiesen“, betonten Schwinge und der Verbandsvorsitzende, der Weinstädter Oberbürgermeister Jürgen Oswald fast wortgleich. Die Gemeinde Kernen hatte eine Liste abgegeben mit 22 Firmen, die alle in den Jahren 2015 und 2016 in Erweiterungs- oder Neubauten investieren wollten. Ihr Flächenbedarf summiert sich auf sechs Hektar, dagegen umfasst das Gewerbegebiet Lange Äcker III insgesamt nur etwa 2,8 Hektar. „Wohlstand in der Raumschaft ist nicht zuletzt aus den Wachstumskräften kleiner und mittlerer Betriebe entstanden. Auf deren Nachfrage nach Flächen sollte man reagieren“, sagte Wolfgang Schwinge.

Die nächste öffentliche Auslegung der elften Änderung des Flächennutzungsplans soll von 7. März bis 4. April stattfinden. Die Unterlagen sind in den Bauämtern der Städte und Gemeinden Fellbach, Kernen, Korb, Waiblingen und Weinstadt einzusehen. Bürger können dort Einwände dort erheben. Behörden wie das Landratsamt und das Regierungspräsidium werden schriftlich informiert.