Herr Schoch, kommt bei Ihnen überhaupt Vorweihnachtsstimmung auf?
Gar nicht. Ich bin ja dankbar, wie uns die Politiker in Baden-Württemberg schützen, weil offenbar das Virus vor allem hier, in Bayern und in Sachsen zuschlägt – also werden alle beschützt, und wir dürfen niemanden in diesen Bundesländern in die Eishockey-Hallen lassen. Jetzt im Ernst: Das ist eine Frechheit! Es ist nicht nachvollziehbar, beim Spiel der Steelers in Düsseldorf waren 4000 Menschen in der Arena, bei uns herrscht Leere. Das ist eine wirtschaftliche Benachteiligung der Clubs. Schlimm, dass es in Deutschland diese regionalen Unterschiede gibt.
Es dürften 750 Fans in die Halle. Die drei DEL-Clubs aus Baden-Württemberg verzichten aber auf Fans. Warum?
Wir wenden mehr Schaden ab, wenn wir gar keine Fans in die Halle lassen. Ich finde es peinlich, dass in der Politik keiner den Mut hat, zu sagen: Es gilt die Null! Da gibt man uns 750, das hilft gar nichts. Das ist, als reiche man einem durstigen Menschen ein Glas Wasser und sagt, dass es vergiftet ist.
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Sie hatten bislang im Schnitt 2300 Zuschauer. Bekommen Sie etwas ersetzt?
Das ist noch gar nicht geklärt. Die Politik macht Vorschriften, hat sich aber über die Kompensation keinerlei Gedanken gemacht.
Ihnen geht das Weihnachtsgeschäft flöten, die Heimspiele in den Ferien – vor allem das Derby gegen die Adler.
Das ist bitter, wir spielen am 30. Dezember gegen die Adler, da könnten wir die Halle dreimal füllen. Wir leben eben nicht bei „Wünsch Dir was“, sondern bei „So isses!“
Andere Clubs, die Fans empfangen dürfen, können Spieler verpflichten, aber Ihnen sind die Hände gebunden.
Es herrscht keine Chancengleichheit. Aber wir sind nicht verzweifelt – wir werden uns das leisten, was wir uns leisten können.
Sind die Steelers also handlungsfähig?
Nein. Aber ich bin mit der sportlichen Ausrichtung zufrieden und habe keinen Grund, aktiv zu werden.
Haben sie überhaupt Hoffnung, dass sich in dieser Saison etwas ändert?
Wenn es der Staat schafft, dass 85 bis 90 Prozent der Menschen geimpft sind, könnte wieder Normalität einkehren. Und wenn wir lernen, damit zu leben, dass wir keine Pandemie mehr haben, sondern es sich um einen viralen Infekt handelt. Die Politik sollte aufhören, den Menschen Angst zu machen. Wir könnten die Arena zum sichersten Platz in Bietigheim machen. Wir könnten Fans nach 2G hereinlassen, oder auch 2G plus, wir würden Maskenpflicht anordnen und die Verpfleger vor die Halle verlagern, damit Menschenansammlungen unter freiem Himmel stattfinden. Dafür wären wir sofort bereit gewesen – aber das interessiert keinen.
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Ohne Fans zu spielen ist auch aus sportlicher Sicht unbefriedigend.
Es ist schön, wenn Zuschauer auf den Tribünen sind – es tut emotional weh, wenn sie fehlen. Ich wäre mit einer Auslastung von einem Drittel zufrieden, dann könnten wir unsere 1331 Dauerkartenbesitzer reinlassen. Erst ab 2000 Fans rechnet es sich für uns.
Sportlich sieht es aktuell nicht gerade erfreulich aus.
Wir sind der Meinung, dass wir einen Kader haben, der in der Liga bleiben kann. Wir hatten drei verletzte Leistungsträger, die nun zurückkehren, wir haben uns in Avery Peterson eine Verstärkung geholt, leider im Tausch gegen Mitchell Heard. Wir haben noch eine Ausländerlizenz frei, die man ziehen könnte. Im Moment fokussieren wir uns aber auf Regeneration, die wir verbessern wollen. Am Freitag geht es mit der Kraft gut, am Sonntag geht sie uns ab dem zweiten Drittel aus. Wir haben eben eine kurze Bank. Wenn der Tank leer ist, können Sie aufs Gas treten, wie Sie wollen – es passiert nichts.
Die Steelers hatten eine Negativserie von sieben sieglosen Partien. Wie fühlt man sich da?
Mir hat damals jemand gesagt: Respekt Volker, jeder andere Club hätte den Trainer gefeuert. Ich vertraue dem Trainerteam um Danny Naud, weil dieses Vertrauen zu keinem Zeitpunkt enttäuscht wurde. Ich bin dankbar, Danny Naud zu haben. Wir haben ein Trainerteam und eine Mannschaft, wenn alles passt, können wir jederzeit in der DEL mithalten. Wenn es eine Durststrecke gibt, hat es Gründe, dann können wir unter Umständen nicht so reagieren, wie ein Club, der andere finanzielle Möglichkeiten hat.
Müssen Sie zweigleisig planen?
Ich glaube an einen Verbleib der Steelers in der DEL, und so plane ich. Unser Ziel ist der Klassenerhalt, und was würde das heißen, wenn wir da nicht selber dran glauben? Alles, was wir bei den Steelers angepackt haben, haben wir zu einem guten Ende geführt.