Sollten alle ihren richtigen Namen im Internet angeben müssen? Der Blogger Michael Seeman erklärt, warum er im Netz lieber mspro heißt.

Stuttgart - Sollten alle Internetnutzer ihren richtigen Namen im Internet angeben müssen? Den Blogger Michael Seemann kennt man im Netz nur als mspro. Im Interview erklärt er, warum er auch bei Google plus auf sein Synonym besteht, was der Vorteil von Synonymen ist und warum er sich über den Innenminister ärgert.

 

Als Sie bei Google Plus Ihren richtigen Namen in ein Pseudonym geändert haben, wurden Sie gesperrt. Wie hat die Sperre ausgesehen?

Ich konnte mich noch anmelden. Doch Google hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass mein Konto vorübergehend deaktiviert sei. Ich konnte überhaupt nicht mehr interagieren.

Wie haben Sie es geschafft, dass Sie jetzt trotz ihres Pseudonyms wieder mitmachen dürfen?

Google hat keine eindeutige Klarnamen-Regelung. Es ist nur festgehalten, dass sich der Nutzer mit den „Common Name“, also dem Namen, unter dem man bekannt ist, angemeldet sein muss. Ich musste ein Formular ausfüllen, in dem ich begründet habe, warum ich zu unrecht gesperrt wurde. Dabei habe ich im entsprechenden Feld die URL meines Blogs eingetragen. Dort trete ich schon lange unter dem Namen "mspro" auf. Ich konnte scheinbar überzeugen.

Warum treten Sie im Internet unter einem Pseudonym auf?

Dies tue ich aus reinem Protest gegen die Klarnamenpflicht von Google. Ich zeige mich solidarisch zu den Leuten, die gerne im Internet mit Pseudonymen unterwegs sind.

Worin sehen Sie die Motive einiger Internetnutzer, anonym im Netz aufzutreten?

Dafür gibt es natürlich unterschiedliche Motivationen. Manche Nutzer schaffen sich mit ihrem Pseudonym eine regelrechte Marke. Andere haben einfach Spaß daran, eine reine Kunstfigur zu schaffen, wie bei einer Theaterinszenierung. Bei diesen Nutzern, weiß man oft, wer sich dahinter verbirgt. Teilweise wollen Nutzer auch nicht, dass sie durch ihre Arbeitgeber leicht über Google zu finden sind und dieser sämtliche Informationen sammeln kann. In entsprechenden arabischen Ländern dient ein Pseudonym sogar als Schutz vor staatlichen Repressionen.

Wie verfolgen Sie die derzeitige Diskussion über die Einführung eines Klarnamenzwangs im Internet?

Davon halte ich natürlich relativ wenig. Ich bin dafür, dass im Internet eine große Kommunikationsfreiheit gewährleistet ist. Auf der anderen Seite verstehe ich natürlich die Positionen von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google Plus. Mit Klarnamen sind die Nutzer, mit denen man sich verbinden will, eben einfacher zu finden.

Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die Frage aufgeworfen, warum zum Beispiel Blogger nicht Ihre wahre Identität offenbaren müssen. Was denken Sie über die Äußerungen?

Das ist völliger Quatsch. Wenn der Innenminister einen Blick in die rechte Bloggerszene Deutschlands werfen würde, würde er bemerken, dass dort durchaus Leute mit ihrem echten Namen präsent sind, die kein Stück auffälliger sind, als Norwegens Attentäter Anders Breivik. Hier wird der Schockzustand der Menschen zynisch ausgenutzt.