Im Kampf gegen den Klimawandel arbeitet Brüssel an einer Neufassung der Gebäuderichtlinie. Wegen des massiven Widerstands aus den Mitgliedsländern ist sie in wesentlichen Punkten bereits abgeschwächt worden.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Hausbesitzer sind in Zukunft angehalten, die Gebäude energietechnisch auf den neusten Stand zu bringen. Das sieht eine Richtlinie vor, über die am Dienstag im Europaparlament abgestimmt wird. Allerdings wurde der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission auf Druck der Abgeordneten und einiger EU-Mitgliedsländer bereits deutlich abgeschwächt. So soll es eine zuerst vorgesehene Sanierungspflicht für Hausbesitzer nicht mehr geben.

 

Ziel der Gebäuderichtlinie ist es, dass ab dem Jahr 2030 alle neuen Gebäude klimaneutral sein sollen. Für Gebäude in öffentlicher Hand gilt dies bereits ab dem Jahr 2028. Der gesamte Gebäudebestand soll außerdem bis 2050 klimaneutral sein.

Streit um den Zwang zu Sanierungen

In den vergangenen Monaten war ein heftiger Streit um das Thema entbrannt. Die Bundesregierung hatte sich zuerst für eine strenge Regelung ausgesprochen, war dann ab im Zuge der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz von ihrer Position wieder abgerückt. Befürchtet wurde vor allem eine Kostenexplosion für Hausbesitzer, die im Extremfall zu Sanierungen ihrer Immobilie gezwungen worden wären.

Auch hatte der Eigentümerverband Haus & Grund von einem dramatischen Werteverfall älterer Immobilien gewarnt. Die EU-Kommission und Umweltgruppen argumentieren, dass sich eine Sanierung langfristig auszahle, da die Heizkosten sinken würden. So erklärte der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, Ciarán Cuffe, dass verschwendete Energie auch verschwendetes Geld sei. „Wir müssen den Bürgern helfen, Geld zu sparen, und sie vor schwankenden Energiepreisen schützen“, so der Grünen-Politiker.

Lob und Kritik aus dem Parlament

Gegen zu strenge Regeln stemmt sich der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. „Wir können den Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen“, argumentiert der sozialpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion im Parlament vor der Abstimmung in Straßburg. Er betont, dass natürlich auch er die Klimaziele rasch umsetzen möchte, es müsse aber die Frage gestellt werden, wer die geplanten Sanierungen am Ende tatsächlich bezahlen soll. „Bauen und Wohnen ist an vielen Stellen in Deutschland unbezahlbar geworden“, erklärt der Nordrhein-Westfale. Auch weist Dennis Radtke darauf hin, dass angesichts des Fachkräftemangels die Renovierungsziele utopisch seien.

Vorgesehen ist nun, dass die EU-Mitgliedsländer selbst entscheiden können, ob sie gewisse Mindeststandards für die besonders sanierungsbedürftigen Gebäude einführen wollen. Stattdessen sollen sogenannte Energieeinsparziele gelten. Wie die einzelnen Mitgliedstaaten diese Ziele erreichen wollen, überlässt die EU ihnen. Gleichzeitig sollen die Maßnahmen nicht alle über einen Kamm geschoren werden. Es soll gemeinsam mit den zuständigen staatlichen Stellen geprüft werden, welche Maßnahmen sich für die einzelnen Regionen geeignet sind. So sind etwa Sanierungsmaßnahmen im Süden Europas anders zu bewerten als an der Nordseeküste. Für die Sanierungen soll auch Geld aus EU-Töpfen bereitgestellt werden. Ende 2021 hieß es vonseiten der Kommission, dass bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stünden. Das Parlament spricht sich auch dafür aus, dass die EU-Staaten den Zugang zu Zuschüssen und Finanzierungen erleichtern sollten.

Umweltschützer sind unzufrieden

Die Umweltorganisation WWF Deutschland warnte davor, die Gebäuderichtlinie doch noch scheitern zu lassen. Das habe drastische Folgen für den Klimaschutz und würde „Millionen Menschen in die Energiearmut treiben“, betont Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. Im Laufe der Verhandlungen seien sinnvolle Kernelemente bereits verwässert worden. Sie erhofft sich durch die Richtlinie eine Sanierungswelle, ohne die die Klimaschutzziele nicht einzuhalten seien.

Die EU-Kommission hatte die Richtlinie vor drei Jahren vorgelegt, weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind. Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen. Stimmt eine Mehrheit des EU-Parlaments am Dienstag für die Richtlinie, haben die Mitgliedstaaten, die dem Vorhaben noch zustimmen müssen, 24 Monate nach der Veröffentlichung im EU Amtsblatt Zeit, diese in nationales Recht umzusetzen.