Osterurlaub im Club-Sport-Hotel klingt wunderbar entspannt – doch vor Ort sehnt sich unsere Autorin nach einem Familienhobby. Die Leidenschaft für Sport und andere Steckenpferde ist ihr leider in der Pubertät abhanden gekommen.

Familie/Bildung/Soziales: Lisa Welzhofer (wel)

Nirgendwo klatscht einem die eigene Waschlappen-Existenz so brutal ins Gesicht, wie in einem Club-Sport-Hotel auf einer überhaupt nicht einsamen Insel. So geschehen im Osterurlaub, für den wir die Unterkunft nach den Kriterien Fußballplatz für den Sohn, Kinderbespaßung für die Tochter und Riesenbuffet für die Eltern ausgewählt hatten.

 

Vor Ort zeigte sich, dass (außer uns) fast ausschließlich wahnsinnig sportliche Tennis-Familien, Callanetics-Paare und eine Triathlon-Reisegruppe eingecheckt hatten. Und während wir also morgens zum Riesenbuffet mit Riesennussnougataufstrich-Spender schlurften, waren die Tennis-Familien schon im dritten Tie-Break, zogen die Triathlon-Eltern im Pool die 346. Bahn oder stiegen in Wurstpellen gewandet und mit Bananen auf den Rücken geschnallt auf die Carbonräder. Das saß!

Hobby kommt von hobby horse

Mir ist die Leidenschaft für Sport und andere Beschäftigungen, die gemeinhin Hobby genannt werden, leider in der Pubertät abhanden gekommen. Die Sammlung schöner Stifte erschien im Angesicht großer Identitätsfragen plötzlich sinnlos, die zusammen getragen New-Kids-on-the-Block-Devotionalien voll peinlich. Und sämtliche ernst zu nehmenden Sportarten (Geräteturnen, Voltigieren, ganz kurz, also sehr kurz, Badminton) wurden Opfer einer melancholisch untermalten Teenager-Lethargie. Seither gehöre ich zu den Menschen, welche auf die Frage nach Hobbys „Öh...“, „Äh...“ und „vielleicht lesen“ daherstammeln.

Laut Lexikon wird Hobby übrigens vom englischen „hobby horse“ abgeleitet, also vom Steckenpferd, das seinen Reiter, anders als ein richtiger Gaul, nirgendwohin trägt, wodurch der Ritt auf ihm zum reinen Selbstzweck wird. Wahrscheinlich ist es schon auch dieses sinnfreie Moment, das mir Hobbys so fremd macht. Und weshalb ich umso mehr jene bewundere – und ein bisschen beneide –, die sich darin verlieren können.

Es soll Familien geben, die gern wandern!

Seit ich Kinder habe, wünsche ich mir manchmal dringend ein Hobby, am besten eines, das die Familie teilt. Nicht nur, weil mir in sich unverhofft auftuender kinderfreier Zeit oft nichts besseres einfällt, als Fenster zu putzen. Sondern weil so ein gemeinsames Familienhobby echt prima wäre. Nie mehr die endlose Diskussionen provozierende Frage „Was machen wir eigentlich am Wochenende?“ beantworten müssen, sondern einfach ab auf den Tennisplatz zum Familien-Duell, zum gegenseitigen Absichern an der Kletterwand, meinetwegen auch zur Schatzsuche via Geocaching. Es soll sogar Familien geben, in denen alle gern wandern!

Bei uns läuft es hingegen wenig gemeinschaftsstiftend ab: Der ein will 48 Stunden lang Fußball spielen, die andere Handstände üben. Der dritte will einen Ausflug machen, die vierte – wenn sie nicht Fenster putzt – tatsächlich ein Buch lesen. Auch im Urlaub drifteten die Interessen mal wieder auseinander. Dazu scheiterten gemeinsame Hobby-Anläufe an der Minigolfanlage oder Tischtennisplatte daran, dass drei von vier Familienmitgliedern Wutanfälle bekamen, wenn sie das Loch nicht trafen oder ein Spiel verloren.

Gemeinsam einsam am Strand

Aber keine Sorge: Schön wurde es dann trotzdem noch. Weil wir einen Ort fanden, an dem wir gemeinsam jede und jeder für sich sein konnten, den Strand. Der war recht einsam, weil es einerseits frisch war, andererseits eben alle anderen anderweitig beschäftigt waren (siehe oben). Dort ließ sich Fußball spielen, lesen, Handstände üben oder das Meer ansehen. Tatsächlich wurde das Am-Strand-sein temporär zu unserem Familienhobby.

Am letzten Tag unterhielt ich mich mit einer Triathlon-Mutter. Nachdem ich sie ausführlich und staunend über ihr Hobby befragt hatte und ihr gestand, dass Triathlon gleich drei Sportarten vereine, die ich nicht leiden könne, wollte sie von mir wissen, was ich gern in meiner Freizeit tue. „Vielleicht lesen“, sagte ich – und fand das plötzlich gar nicht mehr so schlimm.

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Lisa Welzhofer (45) hat zwei Kinder (6 und 10 Jahre alt) und ist jeden Tag baff, wie großzügig die beiden über ihre Fehler als Mutter hinwegsehen.