Auf Freunde setzen statt auf Ehe und Familie: Ist das progressive Lebensmodell „Chosen Family“ wirklich eine gute Idee? Unser Kolumnist nimmt es unter die Lupe.

In den sozialen Netzwerken spült es mir seit einigen Wochen Texte über die „Chosen Family“ in die Timelines. Der Anglizismus verweist auf eine Gemeinschaft, deren Mitglieder sich bewusst dafür entscheiden, einander zu lieben und zu unterstützen. Anders als bei Familien, in die man geboren wird oder einheiratet, handelt es sich also nicht um Zufallsgemeinschaften, sondern um Wahlgemeinschaften. Damit verbunden ist eine emanzipatorische Vision. Warum denn nicht „anders“ und „freier“ leben, fragt sich etwa der linksradikale französische Philosoph Geoffroy de Lagasnerie. Und er antwortet: indem man auf Freundschaft statt Ehe und Familie setzt. Das Magazin „Glamour“ geriet ob seiner Vorschläge nachgerade in Verzückung und pries die „Auflehnung gegen gesellschaftliche Konventionen“, um die „oft toxischen Familiendynamiken“ zu überwinden.