Dieter Hundt hat den richtigen Rückzugszeitpunkt als BDA-Chef verpasst. Seine Verdienste bleiben, meint Roland Pichler.

Berlin - Die Generation der Jüngeren kennt wohl nur einen Arbeitgeberpräsidenten. Es kommt nicht oft vor, dass sich Amtsbezeichnung und Namen so in das Gedächtnis der Bürger eingraben wie die Paarung Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Seit fast 17 Jahren vertritt der schwäbische Unternehmer aus Uhingen die Interessen der deutschen Wirtschaft. Im Herbst wird er schweren Herzens ausscheiden. Für viele ist dieser Schritt überfällig. Der fußballbegeisterte Firmenpatriarch gilt Kritikern als Beispiel dafür, wie ein Wirtschaftslobbyist an seinen Ämtern klebt. Richtig ist, dass Hundt in seiner Funktion als Arbeitgeberpräsident den besten Zeitpunkt für seinen Rückzug verpasst hat. Immer wieder verdrängte er in den vergangenen Jahren den Gedanken an den Ruhestand. Seine Bilanz als Arbeitgeberchef wird jetzt von der Führungskrise beim VfB überschattet.

 

Gleichwohl ist es falsch, die Dinge miteinander zu vermischen. Von seinen Kritikern wird übersehen, wie wichtig Verbandspräsidenten wie Dieter Hundt für die Gesellschaft sind. Heutzutage ist es nicht mehr selbstverständlich, dass ein Firmenchef neben seinen beruflichen Verpflichtungen jede Menge Zeit für ein Ehrenamt aufbringt. Diese Erfahrungen machen übrigens nicht nur Wirtschaftsvereinigungen, sondern auch Sportvereine und Kirchen. Es sind Leute wie Hundt, die Politikern sagen, wie sich Entscheidungen in den Betrieben auswirken. Natürlich geht es dabei um knallharte Interessen. Doch diese Positionen sind wichtig. Dass sie Gehör finden, ist auch Hundts Verdienst. Nur wenn die Politik die Folgen ihrer Beschlüsse kennt, kann sie sachgerecht entscheiden. Gerade Hundt lebt bei den Allgaier-Werken die Sozialpartnerschaft und genießt auch deshalb in der Öffentlichkeit hohe Glaubwürdigkeit. Den Unternehmern, die mit ihrem eigenen Kapital haften, bringen Bürger und Politiker erfahrungsgemäß mehr Vertrauen entgegen als Managern. Hundts langer Einsatz ist ein Vorbild. Das sollten die Firmenchefs beherzigen, die sich lieber in ihren Betrieben verschanzen und die Überzeugungsarbeit anderen überlassen. Eine Erkenntnis schmälert die Leistungen nicht: Die eigentliche Währung für diese Arbeit ist die Befriedigung der Eitelkeit.

Nach dem Rückzug des Arbeitgeberpräsidenten wird schnell die Frage auftauchen, wie es mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft weitergeht. Mittlerweile geben selbst die Beteiligten unumwunden zu, dass es zu viele Verbände gibt, die auf ähnlichen Feldern aktiv sind. In Zeiten, in denen das politische Geschäft immer unübersichtlicher wird, ist es wichtig, dass die Wirtschaft mit einer Stimme spricht. Vielen Beamten in Brüssel und Abgeordneten in Berlin ist kaum zu vermitteln, warum sie mit einer Reihe von deutschen Spitzenverbänden im Gespräch bleiben sollen. Hinzu kommt, dass es den Bürgern zunehmend schwerfällt, die zahlreichen Äußerungen von Verbänden zu überblicken. Der künftige Chef der BDA muss auf diese Fragen Antworten finden. Dieter Hundt ist das Markenzeichen des Arbeitgeberverbandes. Mit seinem Bekanntheitsgrad kann die Wirtschaft bald nicht mehr auftrumpfen.