In Baden-Württemberg sind Studenten auf die Straße gegangen. Sie protestieren gegen die Finanzlage der Universitäten. Zurecht, denn die Landesregierung muss jetzt Schwerpunkte setzen, kommentiert die StZ-Redakteurin Renate Allgöwer.

Stuttgart - Der Protest ist machtvoll. Die Universitäten werfen ihr ganzes Gewicht in die Waagschale. Sie warnen laut und originell vor dem Untergang einzelner Studiengänge und sehen die Zukunft des Landes in Gefahr. Natürlich geht es ums Geld. Dabei kämpfen die Universitäten an zwei Fronten. Zum einen streiten sie gemeinsam mit den anderen Hochschulen zurzeit mit der Landesregierung über einen neuen Solidarpakt, der die Finanzgrundlage bis zum Jahr 2020 bilden soll. Zum anderen warten die Hochschulen und die Länder noch vergeblich auf Signale aus Berlin, wie sich der Bund in Zukunft in die Finanzierung der Hochschulen einbringen wird. Das Besondere am Aktionstag der Universitäten gegen die Landesregierung ist, dass die Universitäten weitgehend dasselbe wollen wie die Landesregierung.

 

Die Proteste kommen der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und dem Finanzminister Nils Schmid vermutlich gar nicht so ungelegen, denn in der Forderung nach mehr Bundesmitteln sind sich das Land und die Demonstranten einig. Die maroden Hochschulgebäude können nicht ohne Bundeshilfe saniert werden, und auf die Millionenzuschüsse aus dem Hochschulpakt kann das Land nicht verzichten.

Von Planungssicherheit kann nicht die Rede sein

Auch mit ihren Forderungen an das Land treffen die Demonstranten auf offene Ohren bei der Regierung. Es hapert bei der Grundausstattung der Hochschulen. Zum Teil ist mehr als die Hälfte der Budgets lediglich über befristete Programme finanziert. Die Schieflage ist dadurch entstanden, dass es immer mehr Studenten gibt und die Grundfinanzierung der Hochschulen seit 18 Jahren nicht erhöht worden ist. Von Planungssicherheit kann angesichts solcher Finanzgrundlagen nicht die Rede sein, die Rektoren können nicht einmal daran denken, zusätzliche Mitarbeiter auf Dauer einzustellen.

Das Land hat bereits eine nennenswerte Erhöhung der Grundfinanzierung zugesagt. Noch wird um die Höhe gefeilscht. Die Rede ist aber von drei Prozent nebst Inflationsausgleich. Es zeichnet sich ab, dass die Landesregierung Geld aus befristeten Programmen in die Grundfinanzierung überführen wird. Schließlich sind die Mittel des Staates begrenzt, und die Schuldenbremse schränkt den finanziellen Spielraum deutlich ein. Für den Staat könnte das ein Nullsummenspiel werden, die Hochschulen würden aber an Planungssicherheit und Autonomie gewinnen. Dennoch machen sich die Universitäten Sorgen – und das nicht ohne Grund. Die Finanzverhandlungen bergen durchaus noch Sprengstoff. Es kommt auch darauf an, wie das Geld auf die einzelnen Hochschularten verteilt wird.

Die Regierung muss Schwerpunkte setzen

Die Mittel kommen vor allem aus dem Ausbauprogramm Hochschule 2012. Mit diesem befristeten Sofortprogramm hat Baden-Württemberg mit Blick auf den damaligen doppelten Abiturjahrgang innerhalb von sechs Jahren 22 500 zusätzliche Studienplätze geschaffen. Viele davon an der dualen Hochschule und an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Inzwischen zeigt sich, dass die Zahl der Studierenden längst nicht so schnell zurückgehen wird, wie damals erwartet wurde. Es erscheint unstrittig und vernünftig, dass ein Großteil der neu geschaffenen Plätze zumindest für die Dauer des neuen Solidarpakts, also bis 2020, durch die Grundfinanzierung gesichert werden soll.

Die große Frage ist nun, welche Hochschulart kriegt mehr, welche weniger. Die Universitäten schlagen Alarm, doch ihre Studienplätze sind teuer und die Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die duale Hochschule melden zu Recht Ansprüche an. Die Regierung muss im Solidarpakt Schwerpunkte setzen und klären, wo sie die Zukunftsfelder der Hochschulausbildung sieht. Bis jetzt erhalten die Universitäten drei Viertel des Kuchens. Es wäre durchaus sinnvoll, den anderen Hochschularten mehr Gewicht zu geben.