Dass die EU beim Thema Autobau darauf verzichtet, bereits heute ein schärferes Sparziel für 2025 vorzugeben, ist wichtig, meint StZ-Redakteur Harry Pretzlaff. Schließlich befinde sich die Autobranche derzeit in einem beispiellosen Umbruch.

Stuttgart - Weder die Autoindustrie noch die Umweltschützer sind zufrieden mit dem Fahrplan zur Verschärfung der Emissionsvorschriften in Europa nach 2020, auf den sich jetzt Vertreter des EU-Parlaments, der Mitgliedstaaten und der Brüsseler Kommission geeinigt haben. Doch dies ist kein schlechtes Zeichen. Denn bei Kompromissen müssen stets beide Seiten Abstriche machen. Die Unzufriedenheit der Umweltschützer und der Industrie zeigt, dass es einigermaßen gelungen ist, eine Balance zwischen Ökologie und Ökonomie zu finden.

 

Die Geschichte zeigt, dass die Autobauer nur mit erheblichem Druck zu großen Anstrengungen bei grüner Technik zu bewegen sind. Ende der neunziger Jahre hatte die europäische PS-Branche sich dazu verpflichtet, freiwillig einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Als sich jedoch abzeichnete, dass das selbst gesteckte Ziel nicht erreicht wird, wurden verpflichtende Grenzwerte in Europa festgelegt. Die Industrie ging auf die Barrikaden und warnte vor dem Verlust von Arbeitsplätzen.

Sparsame Antriebstechnik kommt besser voran

Doch im Rückblick zeigt sich, dass der politische Druck die Einführung grüner Technik beschleunigt hat. Gerade die deutschen Autobauer sind bei der Entwicklung sparsamer Antriebstechnik mit geringeren Emissionen deutlich besser vorangekommen als damals erwartet. Dies gibt auch Zuversicht für die Zukunft. Alle Anbieter unterschreiten wohl die für 2015 festgelegten Höchstgrenzen – und dies, obwohl sie gleichzeitig weiter hochgerüstete PS-Protze auf den Markt gebracht haben und die Motorisierung der in Deutschland verkauften Neuwagen kontinuierlich ansteigt.

Die nun ab dem Jahr 2020 vorgesehenen schärferen Grenzwerte erfordern gewiss weitere hohe Anstrengungen der Forscher und Entwickler. Bis dahin sollen Autos mit alternativem Antrieb verstärkt dazu beitragen, die Emissionen zu senken. Gerade in letzter Zeit sind jedoch Zweifel aufgekommen, wie stark insbesondere Elektroautos wirklich gefragt sein werden, die immer noch sehr teuer sind und eine begrenzte Reichweite haben.

Die Boni verwässern den Klimaschutz

Um den Autobauern zusätzliche Anreize zur Entwicklung alternativer Antriebstechnik zu geben, haben die deutsche PS-Branche und auch die Bundesregierung deshalb gefordert, dass Elektroautos und sehr sparsame Wagen mit Hybridantrieb einen Bonus erhalten und bei der Berechnung der Emissionen gleich mehrfach zählen. Im politischen Kuhhandel sind die deutschen Forderungen weitgehend abgeschmettert worden. Diese Boni sind allerdings ohnehin fragwürdig. Denn im Endeffekt verwässern sie den Klimaschutz, weil damit weiterhin mehr Spritschlucker verkauft werden können als ohne diese „Supercredits“.

Wichtiger als diese Schwäche des Kompromisses ist indes, dass nun darauf verzichtet wird, bereits heute ein nochmals schärferes Sparziel für 2025 vorzugeben. Der Umweltausschuss des Europaparlaments hatte dies gefordert. Die Autobranche befindet sich derzeit in einem beispiellosen technischen Umbruch. Zunächst einmal sollte deshalb abgewartet werden, welche technischen Fortschritte in den kommenden Jahren erzielt werden und welche Form der Antriebstechnik wie stark gefragt sein wird, bevor auch Grenzwerte für die zweite Hälfte des nächsten Jahrzehnts festgezurrt werden.

Der politische Druck wird nicht nachlassen

Eines ist klar: der politische Druck auf die deutschen Autobauer wird nicht nachlassen. Doch umweltschonende Mobilität wird noch an Bedeutung gewinnen und bringt Chancen für gute Geschäfte, vor allem auch in Wachstumsmärkten wie China oder Indien. Gerade diese Riesenländer werden eine Schlüsselrolle beim Schutz des Blauen Planeten spielen. Die Umwelt darf in den aufstrebenden Ländern beim Umstieg vom Zweirad aufs Auto nicht unter die Räder kommen.