Der Kompromiss zu den Spitzenbeamten ist dünn und hoffentlich kein Vorbild, kommentiert der Leiter des StZ-Landesressorts Thomas Breining.

Stuttgart - Baden-Württemberg wird bunter: Vom Sommer an sind drei Regierungspräsidenten im Land schwarz, gelb und rot; einer ist grün angehaucht. Derlei Ausgewogenheit war freilich mitnichten das Ziel der grün-roten Schrauber am Verwaltungsapparat. Runderneuerung war angekündigt. Flickwerk ist daraus geworden. Einer muss vorzeitig gehen. Mit Julian Würtenberger – dem früheren Leiter der Grundsatzabteilung des damals CDU-geführten Staatsministeriums – trifft es den Spitzenbeamten mit dem parteipolitisch schärfsten Profil. Doch hat sich für die Grünen der ganze Ärger gelohnt?

 

Freiburg ist nicht gerade die wichtigste der vier Behörden. Da wäre der Posten in Stuttgart schon ein anderes Kaliber gewesen. Jetzt kann eine Frau Regierungspräsidentin werden – die zweite in Baden-Württemberg, nicht mal eine waschechte Grüne. Dafür müssen sich die Grünen von der Opposition Gutsherrenart vorhalten lassen. In der Öffentlichkeit gerät das Bild von den hehren, uneitlen Kämpfern für allerlei gute Sachen ins Wanken.

Der Personalwechsel kommt zu spät

Man kann dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann einiges vorhalten: Der Personalwechsel kommt zu spät – mit dem Regierungswechsel vergangenen Mai wäre er noch plausibel gewesen. Er ist dilettantisch vorbereitet gewesen – sonst hätte man wirklich alle vier Präsidenten ausgetauscht und jetzt nicht einen Rückzieher machen müssen. Und es ist menschlich grenzwertig, die Sache publik zu machen, ohne mit den Betroffenen vorher gesprochen zu haben. Dass Kretschmann die an ihn herangetragenen Argumente abgewogen und seine Haltung überdacht habe, ist das einzig Positive, was seine Berater für die Außendarstellung aus dieser Lage noch herausziehen können.

Doch ist das alles nicht entscheidend. Dieses Hickhack ist ein neuer Beleg dafür ist, dass die Grünen fast ein Jahr nach der Landtagswahl noch immer nicht wirklich in ihrer Rolle als Seniorpartner einer Regierungskoalition angekommen sind. Dieser Befund ist viel bedenklicher. Der Ärger um die Regierungspräsidenten wird bei den Grünen verbucht werden, die SPD ist fein heraus. Der Eindruck, der Stuhl des Karlsruher Regierungspräsidenten würde von den Sozialdemokraten gleichsam friedlich übernommen, kann sich doch nur deshalb verfestigen, weil die Grünen den ihren so mühsam erkämpft haben. Doch wer sagt eigentlich, dass der Karlsruher Posten rot eingefärbt sein muss?

Ein fundamentaler Konflikt bahnt sich an

Wieder einmal machen es die Grünen den Sozialdemokraten leicht, von eigenen Schwächen abzulenken. Es läuft nicht rund in der grün-roten Koalition. Sie wollte freudvoll und kreativ das eigentliche Regierungsgeschäft anpacken, sobald der Streitfall Stuttgart 21 per Volksabstimmung abgehakt war. Die Volksabstimmung ist schon lange vorbei, aber die Regierungsmaschinerie stottert noch immer. Man schaue nur auf das – sozialdemokratisch gelenkte – Kultusministerium. Dort wird so viel Unausgegorenes produziert, dass sich sogar die Regierungszentrale genötigt sah, den Politikkurs in Erinnerung zu rufen.

Auch bei einer der anspruchsvollsten Aufgaben dieser Legislaturperiode bahnt sich ein fundamentaler Konflikt zwischen den beiden Regierungspartnern an. Die Landesfinanzen müssen geordnet, Gestaltungsräume für die Zukunft gesichert werden. Das geht nicht, ohne den größten Ausgabenposten unter die Lupe zu nehmen, die Personalkosten. Das sagen die Grünen. Die SPD robbt sich derweil an die Beamtenschaft heran und gibt vorsorglich schon mal den Bremser. Ein dünner Kompromiss wie jetzt bei den Regierungspräsidenten kann an dieser Baustelle aber nicht die Lösung sein, so wenig wie fortgesetztes Kleinklein in der Bildungspolitik.

Der Aufbruch im Land hat noch nicht zum Umbruch geführt. Bei so viel Konfliktpotenzial ahnt man auch nichts Gutes.