Die Politik sollte die Flat Tax prüfen. Zu oft schon wurde an der Erbschaftsteuer herumgeschustert, meint StZ-Redakteur Roland Pichler.

Berlin - Bund, Länder und Gemeinden rechnen in diesem Jahr mit Steuereinnahmen von rund 686 Milliarden Euro. Da nimmt es wunder, dass in Deutschland erbittert über eine vergleichsweise unbedeutende Steuer gestritten wird: die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Aus dieser Einnahmequelle fließen den Ländern rund fünf Milliarden Euro pro Jahr zu. Das sind zwar keine Peanuts, aber in der Gesamtschau handelt es sich um einen überschaubaren Posten. Beim Erben geht es aber immer auch um persönliche und psychologische Folgen. Bei Familienunternehmen steht die Zukunft des Betriebs auf dem Spiel. Das erklärt die wirtschaftspolitische Brisanz, die sich in der politischen Diskussion widerspiegelt. Seit einem Jahr sucht die große Koalition nach Lösungen.

 

An vielen Stellschrauben gedreht

Auch wenn zu erwarten ist, dass Union und SPD in den nächsten Wochen irgendwie noch einen Kompromiss finden, stellt sich die Frage, ob die Politik mit dem Herumschustern bei der Erbschaftsteuer auf dem richtigen Weg ist. Die Reformen liefen in der Vergangenheit immer nach demselben Muster ab: Es wird an vielerlei Stellschrauben gedreht, um viele Interessen zu berücksichtigen. Dass die Politik die Familienunternehmen nicht überfordern will, ist richtig, denn sie sind Garanten für Arbeitsplätze in Deutschland. Beim Abwägen gerät allerdings die Verständlichkeit und Umsetzbarkeit der Gesetze leicht aus dem Blick. Schon deshalb sollten die Vorschläge für ein Niedrigsteuermodell nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Der Wegfall der vielen Sonderregeln bei der Erbschaftsteuer ist eine verlockende Aussicht. Die Politik sollte das Modell prüfen. Zugleich ist aber vor Euphorie zu warnen. Auf den ersten Blick hören sich Einfachsteuermodelle immer gut an. In der Praxis können sie aber zu unerwünschten Effekten führen. Das zeigt sich bei der Abgeltungsteuer, die dazu führt, dass Kapitalerträge in vielen Fällen günstiger besteuert werden als Einkommen aus Arbeit. Die Flat Tax ist sicherlich keine Patentlösung. Die Debatte über sie sollte aber schon deshalb geführt werden, weil absehbar ist, dass das nächste Erbschaftsteuergesetz wieder vor dem Verfassungsgericht landet.