Eine absurde Regelung bei der Tagespflege von Kindern ist vom Tisch. Eine weitere Neuerung ist leider wenig durchdacht, meint StZ-Redakteurin Viola Volland.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Das Jugendamt hat mit einer Antragsflut von Eltern zu kämpfen, die ihr Kind in der Tagespflege unterbringen wollen. Dass es so kommen würde, hätte eigentlich vorher klar sein können. Rund 4600 Kinder stehen bei den Kindertagesstätten auf den Wartelisten. Da ist es wirklich nicht überraschend, dass Eltern nun versuchen, auf die plötzlich erschwingliche Tagespflege auszuweichen. Die Antragsflut – das muss zur Verteidigung des Jugendamts gesagt werden – offenbart allerdings auch, dass es mehr aktive Tagesmütter in Stuttgart gibt als gedacht.

 

Die Sozialbürgermeisterin hat sich am Freitag den frustrierten Tagesmüttern und Eltern auf dem Marktplatz gestellt. Schon in der Vorwoche hatte sie sich mit einigen Tagesmüttern getroffen. Isabel Fezer zeigt also, dass sie ein offenes Ohr für die Sorgen der Tageseltern hat. Allerdings ist fraglich, ob sie auf die Schnelle beheben kann, was man hätte vorher bedenken müssen: die Personalnot im Jugendamt. Dabei ist rasches Handeln nötig. Bearbeitungszeiten von bis zu einem halben Jahr sind nicht tragbar. Nur wenige wohlhabende Eltern sind in der Lage, so lange in Vorleistung zu gehen – die wenigsten Tagesmütter dürften bereits sein, dies zu tun. Wer das System tatsächlich öffnen will, muss hier ran.

Dass die Stadt durchaus bereit ist, die eigenen Förderrichtlinien gegebenenfalls nachzubessern, hat sie in den vergangenen Wochen zweimal gezeigt. So dürfen die Tagesmütter nun doch Essensgeld verlangen. Zuvor sollte nur möglich sein, Naturalien vorbeizubringen. Gut, dass diese absurde Regelung vom Tisch ist.

Ein Schnellschuss ist allerdings die zweite „Stellschraube“, an der im Sozialreferat gedreht wurde: die Fehlzeiten der Kinder. Bis zu vier Wochen Abwesenheit übernimmt die Stadt über eine 40-Cent-Pauschale, alles darüber Hinausgehende sollen die Tagesmütter mit den Eltern regeln können. Diese Neuerung ist nicht durchdacht. Schließlich führt sie zu folgendem Szenario: Eltern zahlen für ihr unter drei Jahre altes Kind, wenn es bei der Tagesmutter ist, 1,18 Euro die Stunde – wenn es länger ausfällt, würden bis zu 5,30 Euro die Stunde fällig werden. Dass Eltern mehr zahlen sollen, wenn ihr Kind nicht betreut wird, als wenn es betreut wird, dürfte diesen nur schwer zu vermitteln sein.