Das Klinikum Stuttgart ließ die Personalgebäude in Bad Cannstatt verkommen. Die Zeche dafür bezahlen jetzt die Beschäftigten, beklagt StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Es sei „eine Frage der Verantwortung gegenüber denen, die (2023) mit dem Einzug in den neuen Wohnraum rechnen“, begründet die Stadt ihr „Erinnerungsschreiben“ an eine ausländische Reinigungskraft mit 1200 Euro netto, die ihr Zimmer im Klinikum-Personalgebäude am Prießnitzweg nur deshalb noch nicht aufgeben konnte, weil sie sonst auf der Straße stünde. Lediglich ans „bestehende Mietende“ zu erinnern, bedeutet, mit Räumungsklage und Schadensersatz zu drohen. Willkommen in Stuttgart, hier weiß man sein Personal noch zu schätzen.

 

SSB wissen, warum sie ihre Wohnungen behalten wollen

Es ist der nächste Klinikum-Skandal: Jahrelang schaute die Stadt tatenlos zu, wie der Eigenbetrieb seine Personalgebäude verkommen ließ. Für die Bilanzkosmetik wurde das Anlagevermögen an die städtische SWSG verkauft, die natürlich nicht sanieren will, sondern mit einem ganzen Strauß an Zuschüssen neu bauen. Die Zeche zahlen die Pflege- und Reinigungskräfte über eine drastisch erhöhte Miete. Man muss sich nicht wundern, dass die Stuttgarter Straßenbahnen gegen einen Verkauf ihrer Wohnungen sind. Die Rathauselite will einfach nicht verstehen, dass ärmeren Mitbürgern eine günstige Wohnung viel wichtiger ist als eine teuer modernisierte.

Natürlich hätten auch für eine Sanierung die Cannstatter Personalgebäude geräumt werden müssen. Kern des Problems ist aber, dass am Prießnitzweg bereits der Abriss organisiert wird, ohne dass für alle Mieter Ersatzwohnraum organisiert wurde. Stattdessen wünscht man den Pflege- und Reinigungskräften viel Erfolg bei der Suche auf dem freien Mietwohnungsmarkt. Man muss sich nicht wundern, wenn sie an eine Klinik wechseln, die ihre Beschäftigten schätzt und statt Räumungsklagen bezahlbare Wohnungen anbietet.