Die Stadt Stuttgart will den Vollzugsdienst mit neuen Stellen aufrüsten. Zur Videoüberwachung gibt es eine Entscheidung – es könnte aber erst einmal eine „Zwischenlösung“ geben.

Stuttgart. - Landeshauptstadt und Polizei ziehen weitere Konsequenzen aus der Krawallnacht vom 20. auf den 21. Juni 2020. Damals war es in der City nach einer Routinekontrolle eines mutmaßliche Drogendeals am Eckensee durch die Polizei zu Gewaltexzessen vor allem Jugendlicher und zu Plünderungen gekommen. Bis zu 500 Menschen waren randalierend durch die Innenstadt gezogen. Rund 130 konnten ermittelt werden. Gerichte verhängten Haftstrafen, teils wurden sie in zweiter Instanz abgemildert.

 

Stuttgarts Vizepolizeipräsident Markus Eisenbraun kündigte am Mittwoch vor dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderates an, dass die kurz nach der Krawallnacht erwogene Videoüberwachung in diesem Sommer in einer ersten Stufe umgesetzt werden soll. Dazu könnte es eine „Zwischenlösung“ in Absprache mit Landesbehörden geben. Am Neuen Schloss, in dem das Finanzministerium untergebracht ist, befinden sich Kameras, die bisher nur auf das Gebäude und nicht das Umfeld gerichtet sind. Die Polizei hatte bei der Energie Baden-Württemberg eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, mit der die Kosten und der zeitliche Aufwand für den Aufbau einer neuen Überwachung geklärt werden sollen.

Vollzugsdienst soll wachsen

Die Videoüberwachung sei nach aktueller Lageeinschätzung „nötig“, so Eisenbraun. Im Sommer und mit der Aufhebung der Coronabeschränkungen würden wieder mehr Menschen in die City strömen. Die Überwachung sei mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz abgestimmt. Grüne und FDP hatten in der Sitzung nach der Notwendigkeit und Dauer gefragt.

Auch die Stadt, die laut Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) acht Stellen für Streetworker besetzen konnte, plant eine weitere Konsequenz aus der Krawallnacht. Für den Doppelhaushalt 2022/2023 wolle man 26 neue Stellen im städtischen Vollzugsdienst schaffen, um die Polizei zu entlasten, so Maier. Von den 70 bestehenden seien 66 Stellen besetzt.

Neue Strategie der Polizei

Nach dem Vollzugsdienst hatte die CDU in einem Antrag gefragt, der sich auf Ausschreitungen am Schlossplatz bezog, die sich Ende Februar 2021 ereignet hatten. Die Schadensumme lag laut Eisenbraun damals bei rund 1700 Euro. Nach Beleidigungen gegen Polizeibeamte sei man damals anfänglich gegen drei Personen vorgegangen, in der Spitze hätten sich 300 mit diesen solidarisiert. Es gebe 21 Strafverfahren gegen elf junge Leute, zwei davon aus Stuttgart. Keiner davon sei im Juni 2020 in Erscheinung getreten, es gebe bei den Randalierern „keine gefestigte Struktur“, allerdings sei ein Großteil der elf jungen Leute „einschlägig polizeibekannt“. Das im Februar für bestimmte Plätze ausgesprochene Alkoholverbot sei damals teils noch wenig bekannt gewesen, inzwischen seien die Plätze beschildert. Um besser auf die Jugendlichen eingehen zu können, habe man nun Kommunikationsteams gebildet. „Wir gehen nicht mit dem Dampfhammer vor“, so Eisenbraun.

Volksfest ein anderer Fall

Auf die Frage von Luigi Pantisano vom Linksbündnis im Rat, ob auch beim Volksfest gegen Beleidiger vorgegangen werde und ob es bei der Polizei eine Ermittlungsgruppe im Zusammenhang mit der Demo gegen Coronamaßnahmen am Karsamstag gebe, sagte Eisenbraun, dass der Staatsschutz ermittele. Beim Volksfest gebe es „eine andere, deutlich heiterere Stimmungslage“, so der Vizepolizeipräsident. Bei der Durchsetzung von Einschränkungen aus der Coronaverordnung werde die Polizei „als Feindbild wahrgenommnen“.