Der Automobilclub kooperiert mit dem Start-up Zolar, um private Hausdächer zu elektrifizieren. Zielkunden sind ADAC-Mitglieder und andere Fahrer von Elektroautos.

Genau weiß Sascha Coccorullo es nicht, wie viele der rund 21 Millionen ADAC-Mitglieder ein Elektroauto fahren. „Ich schätze, es sind rund 200 000 Fahrzeughalter“, sagt der Strategiechef der ADAC SE. Möglichst vielen von ihnen will die Autofahrerlobby nun im Zusammenspiel mit dem Photovoltaik-Start-up Zolar aufs Dach steigen, um eine Solaranlage zu installieren. „Das ist der erste Schritt“, sagt der ADAC-Manager und schließt Nichtmitglieder mit ein. Jeder Eigenheimbesitzer in Deutschland dürfe sich angesprochen fühlen. Sich eine Solaranlage zuzulegen macht besonders Sinn, wenn ein Elektroauto den Stromverbrauch eines Haushalts nach oben treibt, rechnen ADAC SE und Zolar vor.

 

Der ADAC plant für das erste Jahr mit einigen Tausend Dächern

Ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit vier Bewohnern verbraucht demnach im Jahr rund 4000 Kilowattstunden (kWh) Strom. Bei einem Elektroauto mit 15 000 Kilometern jährlicher Fahrleistung kommen noch einmal etwa 3000 kWh dazu. „Da rechnet sich eine Solaranlage dann viel schneller“, wirbt Coccorullo. Weil die mit Batteriespeicher sowie Ladevorrichtung für einen Stromer aber 25 000 Euro kostet und Verbraucher wegen der Energiekrise gerade sparen müssen, kalkuliert das Duo erst einmal vorsichtig.

„Im ersten Jahr planen wir für einige Tausend Dächer“, verrät der ADAC-Strategiechef und verspricht Lieferfähigkeit. Wer jetzt bestellt, habe im Normalfall binnen sechs bis acht Monaten, spätestens aber bis Jahresende eine Solaranlage auf dem Dach. Das ist keine Selbstverständlichkeit, weil in der Branche derzeit bei einigen Schlüsselkomponenten der Nachschub stockt.

Die Aufgabenverteilung sieht so aus: Der ADAC wirbt vor allem unter Mitgliedern mit Elektroauto um Interessenten. Zolar erstellt denen ein individuelles Angebot, baut die Solaranlage über einen seiner gut 400 angeschlossenen Partnerbetriebe und zahlt dem ADAC eine Provision. Das Potenzial infrage kommender privater Wohnhäuser beziffert Coccorullo in Deutschland auf elf bis zwölf Millionen. Es ist also reichlich, was am bislang schleppenden Ausbau liegt.

Die Bauweise mancher Dächer stehen Solaranlagen im Wege

Nicht zuletzt deshalb begrüßt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Initiative. „Wir brauchen andere Größenordnungen erneuerbarer Energien“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch. Das Angebot von Club und Start-up sei ernsthaft und nicht überteuert. Auf der Bewertungsplattform Trustpilot gebe es aber viele Verbraucher, die sich darüber beschweren, vom Start-up kein Angebot erhalten zu haben. „Wer ein Standarddach mit Solaranlage bestücken will, kann mit Zolar weiterkommen“, urteilt Resch. Bei baulichen Besonderheiten stoße man aber schnell an Grenzen. Der ADAC räumt ein, dass die Bauweise von Dächern oder Vorgaben von Behörden einem Solardach bisweilen im Wege stehen. Zugleich verweist er auf eine geringe absolute Zahl kritischer Zolar-Bewertungen bei Trustpilot.

Einen bundesweit tätigen Partner zu finden ist nicht trivial. Der Installationsmarkt ist sehr zersplittert. Mit bis zu 15 000 jährlich gebauten Solardächern komme das Berliner Start-up auf ein knappes Zehntel Marktanteil und sei damit einer der größten Anbieter, sagt der ADAC zur Partnerwahl. In einem zweiten Schritt wolle man zudem Mietern und nicht nur Eigenheimbesitzern Zugang zu Solarstrom verschaffen, sagt Coccorullo und verspricht ein Angebot für Mieter binnen zwölf Monaten.

Nach wenigen 10 000 Kilometern kommen Stromer günstiger als Verbrenner

Zum Start im Fokus stehen aber ADAC-Mitglieder, die als Rabatt eine Solarzelle im Wert von etwa 300 Euro kostenlos erhalten. Fahren sie Elektroautos, kommt ein weiterer Vorteil zum Tragen. „Selbst erzeugter Solarstrom kostet nur etwa ein Drittel bis ein Viertel dessen, was Netzbetreiber an öffentlichen Ladesäulen verlangen“, rechnet Coccorullo vor. Dennoch sei eine Investition von 25 000 Euro in wirtschaftlich unsicheren Zeiten etwas, das sich nicht jeder Eigenheimbesitzer leisten kann.

Zu welchem Anteil man einen Stromer über die eigene Anlage versorgen kann, hängt davon ab, wie oft er tagsüber am heimischen Eigenheimnetz lädt, sagt Coccorullo. „Bei drei Tagen pro Woche sind es 6000 bis 10 000 Sonnenkilometer je nach Elektroauto“, sagt der ADAC-Manager. Insgesamt kämen Stromer nach wenigen 10 000 Kilometern inklusive Kaufpreis und Wartung günstiger als Verbrenner, sagt der für Elektromobilität werbende ADAC.