Beim Mieterbund ist man über den Korruptionsfall bei Vonovia und GWG nicht überrascht. Beide Firmen seien zwar von den Ermittlungen überrascht worden, trügen aber eine Mitschuld, heißt es.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Nach der Razzia bei den Immobilienkonzernen Vonovia in Bochum und GWG in Stuttgart wegen Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe durch Mitarbeiter aus dem mittleren Management übt der baden-württembergische Mieterbund Kritik an den beiden Firmen. „Die eigentlichen Geschädigten sind nicht die Unternehmen, sondern diejenigen, die in den Mietwohnungen wohnen“, sagte der Landesvorsitzende des Mieterbundes, Rolf Gaßmann. Sie hätten die überhöhten Kosten über ihre Betriebskostenabrechnung und Modernisierungsumlagen bezahlen müssen.

 

Die Vonovia, Deutschlands größtes Immobilienunternehmen, hatte zuvor angekündigt, parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit einem eigenen Untersuchungsbericht zu beauftragen. „Wir sind erschüttert“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch laut einer Mitteilung. „Offenbar haben sich einzelne Mitarbeiter bei unseren Tochterunternehmen zum Schaden von Vonovia bestechen lassen – das ist nicht akzeptabel.“

Vonovia erstattet Strafanzeige

Von den Ermittlungen wurden beide betroffenen Unternehmen überrascht. Man habe gegen mehrere teilweise ehemalige Mitarbeiter mittlerweile Anzeige erstattet, erklärte der Vonovia-Chef Buch. Vier Beschuldigte sitzen in Haft. Auch bei der GWG, einem Tochterunternehmen der genossenschaftlichen R + V-Gruppe mit rund 8000 Wohnungen in Baden-Württemberg, hieß es, man kooperiere als Geschädigte vollumfänglich mit den Behörden. Ein Mitarbeiter war offenbar von Bochum nach Stuttgart gewechselt und hatte dort dasselbe System installiert.

Laut der Staatsanwaltschaft Bochum sollen bei der Vergabe auf Aufträgen bestimmte Subunternehmer bevorzugt worden sein. Im Gegenzug profitierten die für die Auswahl zuständigen Mitarbeiter von Geld- und Sachleistungen. Man werde nun prüfen, warum die geltenden Compliance-Regeln innerhalb des Unternehmens nicht gegriffen hätten, sagte ein Vonovia-Sprecher. Mietersprecher Gaßmann wies hingegen darauf hin, dass es sich um Kosten drehe, die eins zu eins an die Mieter weitergegeben würden. „Da schaut die interne Kontrolle dann nicht so intensiv hin.“

Mit der GWG und mehr noch mit Vonovia habe der Mieterbund zuletzt mehrfach Auseinandersetzungen wegen zu hoher Betriebskosten gehabt. Nach den Angaben der Staatsanwaltschaft sei auch bei den Leistungsverzeichnissen manipuliert worden, um Kosten für Arbeiten abzurechnen, die gar nicht erbracht worden seien. „Das überrascht mich nicht, sondern entspricht genau unseren Erfahrungen“, sagte das Konstanzer Mieterbund-Vorstandsmitglied Winfried Kropp. Ein Klassiker sei die Abrechnung von Winterdiensteinsätzen, die aber niemals stattgefunden hätten. Auch die konzerninternen Verträge für Gartenpflege oder Hausmeisterleistungen enthielten keine prüffähigen aussagekräftigen Leistungsbeschreibungen, erklärte Knut Unger vom Mieterverein Witten.