Zum Warmwerden vor der EM wurde auf dem Marienplatz das „Stadion der Träume“ aufgebaut, wo Theater, Konzerte, Kino und mehr stattfinden. Kann das was? Wir haben vorbeigeschaut.

Stadtkind: Petra Xayaphoum (px)

Regenjacke, Sonnenschutz, Übergangspullover? Samstag wusste niemand so richtig, was anziehen und lag am Ende doch immer falsch. Kurz nach brutzelnder Sonne und einem ordentlichen Regenschauer klarte der Himmel gegen Abend aber wieder einigermaßen auf und zog tatsächlich wieder Besucher auf den zuvor leergefegten Marienplatz im Stuttgarter Süden. Und die hatten etwas zu gucken: Dort spielte im „Stadion der Träume“ Charlotte Fever, ein Dream-Pop-Duo aus Frankreich, das sein neuestes Album „Paris cyclone“ präsentierte – und zwar kostenfrei.

 

Niedrigschwelliger Pop-up-Space für Jung und Alt

Beim „Stadion der Träume“ handelt es sich um einen Pop-up-Space mit Bühne im Mini-Stadionformat auf dem Marienplatz, der – unter organisatorischer und durchführender Hand der in.Stuttgart – im Rahmen des Vorprogramms zur EM als Bühne für ein kostenfreies Kulturprogramm aufgebaut wurde. Gemeinsam mit unterschiedlichen Stuttgarter Kulturinstitutionen, unter anderem dem Pop-Büro Region Stuttgart, das für die wöchentlichen Konzerte samstags verantwortlich ist, wird dieses Stadion bespielt. „Das ‚Stadion der Träume’ soll ein Ort der Begegnung sein und zeigen, wie Fußball und Kultur Doppelpass spielen. Uns war es wichtig, das ‚Stadion‘ so zu gestalten, dass es generell eine tolle Aufenthaltsqualität auf dem Marienplatz bietet“, sagt Christian Eisenhardt, Abteilungsleiter für Eigen- und Sonderveranstaltungen der in.Stuttgart und spielt damit auf die neuen bunten Tribünen- und Sitzelemente auf dem Marienplatz an.

Die wurden auch an diesem Samstagabend unter anderem dazu genutzt, um gute Sicht auf die Bühne und Charlotte Fever zu haben. Als erster Publikumsgast war Walter Ercolino, der Pop-Büro-Leiter persönlich vor dem Mischpult anzutreffen, während sich Cassandra Hettinger und Alexandre Mielczarek bereit machten, mit ihrem groovy Sound, die Sonne an diesem Abend zumindest in die Herzen des Publikums zurückzusingen. „Wir freuen uns sehr, Teil dieses bundesweiten Ereignisses während der EM zu sein und die Stuttgarter Popkultur entsprechend zu vertreten“, sagte Ercolino mit einem weinenden Auge Richtung erstem Gig, Peter the human Boy, der vergangenen Samstag auf dem Marienplatz hätte spielen sollen. „Leider fiel das erste Konzert buchstäblich ins Wasser und wir konnten es in letzter Minute noch ins Landesmuseum verlegen. Jetzt freuen wir uns sehr auf Charlotte Fever.“

Sommer, Sonne, Côte d’Azur

Und kaum spielten die den ersten Ton, füllte sich der umrahmte Bühnenaufbau mit neugierigem Publikum. Einen besseren Act hätte man sich für diesen Samstagabend, an dem der Pflasterstein noch langsam vor sich hin trocknete, wohl kaum wünschen können. Ihr Sound ist in Musik gepacktes Sommer-Feeling: Sonnenstrände, Palmen, in der Hitze flirrende Luft, der klebrig-süßliche Duft von Sonnencreme, die sich mit Schweiß auf der Haut vermischt. Côte d’Azur fürs Ohr.

Dazu hatten Charlotte Fever nicht nur eine Nebelmaschine und stimmungsvolle Lichtinstallation aus Neonröhren für die Bühne mitgebracht, sondern jede Menge Entertainment-Fähigkeiten. Am Ende des Konzerts hatte jeder Besucher mindestens einmal im Takt mitgeklatscht, mitgesungen und ja, Wassergymnastik-Trockenübungen hinter sich gebracht, was viel schlimmer klingt, als es war.

Musikprogramm zieht ein buntes Publikum an

Mit Charme, schillernden Bühnenoutfits, synchronen Tanzeinlagen und einem gewissen Augenzwinkern, das man selbst ohne Französisch-Kenntnisse zwischen den Zeilen erahnen konnte, lockten sie das bunt gemischte Marienplatz-Publikum ins „Stadion der Träume“: 18- und 68-Jährige, Lederjacken und Trenchcoats, Menschen mit Marienplatzschorle vom Condesa Café und Menschen mit Bierdose vom Supermarkt. Hätte man am Eingang ein Schild aufgestellt, auf dem „Eintritt frei“ gestünden hätte, wäre die anfängliche Unsicherheit der Umherstehenden wahrscheinlich noch schneller weggeblasen gewesen. Am Ende des Konzerts sprangen Hettinger und Mielczarek für ihre Zugabe – „Gang Naturiste“, eine Ode ans Nacktbaden am Strand – gar ins Publikum und tanzten mit den Anwesenden.

Nach anfänglichem Rumpeln im Getriebe ist das „Stadion der Träume“ also langsam heißgelaufen. Auch Christian Eisenhardt zeigt sich zufrieden nach der ersten Woche: „Die Angebote der Volkshochschule wurden sehr gut angenommen und es ist eine Freude zu sehen, mit welcher Begeisterung die Kita-Kinder donnerstags und freitags die Übungen des Bewegungspasses angehen. Abends hat leider das Wetter nicht immer mitgespielt.“

Fürs nächste Wochenende sehen die Wetteraussichten aktuell zumindest auch eher grau als sonnig aus. Aber Eisenhardt verliert die Hoffnung nicht: „Gerade von Donnerstag- bis Sonntagabend dürfen sich die Besucherinnen und Besucher auf ein tolles Programm freuen. Donnerstags gibt es Theaterperformances vom Theater Lokstoff und Theater Rampe. Freitags DJ-Musik mit der Schräglage, samstags Live-Musik mit dem Pop-Büro und sonntags ist Kinoabend.“

Noch bis zum 9. Juni wird das „Stadion der Träume“ bespielt.