Adrian McKinty ist bisher mit atmosphärisch dichten Krimis aus seiner nordirischen Heimat Belfast bekannt geworden. Ob die Fans wohl auch seinen sehr amerikanischen Thriller „The Chain“ mögen?

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Das soll ein McKinty sein? Dieser eisige Psychokrimi um soziopathische Erpresser, die unschuldige Bürger zu Entführungen und Morden zwingen? Wer Adrian McKintys Krimis um den katholischen Bullen Sean Duffy kennt (und schätzt), wird sich beim neuesten Buch des Nordiren zunächst mal die Augen reiben: „The Chain“ ist von der ganzen Machart her durch und durch amerikanisch, Tempo, Ton und Thrill sind viel geschäftiger. Die Antwort liefert der Autor selber im Nachwort: tatsächlich ging es ihm darum, ein Stück für den Markt der neuen Welt zu machen – unter tätiger Mithilfe von routinierten Kollegen wie Don Winslow.

 

Millionengewinne steuerfrei

Herausgekommen ist – ein durchaus spannender Krimi, zu dem neben dem bösartig-intelligenten Erpresserpärchen unter anderem eine krebskranke Mutter, ihre 13-jährige Tochter und der heroinsüchtige Ex-Schwager, ehemals Elitesoldat, gehören. Das Kind wurde von einem Ehepaar entführt, dessen Sohn seinerseits auf Befehl der anonymen Drahtzieher gekidnappt wurde. Das ist das Geschäftsmodell der „KETTE“, die auf diese Weise Millionengewinne generiert, steuerfrei versteht sich, und sich geschickt im Darknet versteckt.

Bei Verstößen gegen das Schweigegebot der Kette drohen den Opfern drakonische Sanktionen – bis hin zum Mord. So ist es kein Wunder, dass das teuflische System unbezwingbar scheint. Doch Rachel Klein, die krebskranke Philosophie-Dozentin, lehnt sich auf und versucht mit allen Mitteln, ihre Familie aus der Sache herauszuholen.

Für Freunde kerniger Spannung

Mit seinem Thriller beweist Adrian McKinty, dass er durchaus auch eine andere Sprache beherrscht. „The Chain“ ist genau das richtige für Freunde kerniger Spannung. Dass – im Gegensatz zu den nordirischen Krimis des Autors – zeitgeschichtliches und gesellschaftliches Kolorit etwas auf der Strecke bleiben, muss bei einem Unterhaltungsroman ja kein Schaden sein.