Der Wirbel um die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg geht weiter. Die Wissenschaftler, auf deren Bericht die Kritik gründet, warnen davor, von einem Einzelfall auf eine ganze Schulart zu schließen. Der Landesschulbeirat verzeichnet bereits Korrekturen bei der kritisierten Schule.

Stuttgart - Die Kritik an der Gemeinschaftsschule hat jetzt die Forscher auf den Plan gerufen, die die wissenschaftliche Begleitung der Schulart übernommen haben. Die Forschergruppe „bedauert“ und „verurteilt“, dass der Bericht über die Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen weitergegeben wurde. Die Wissenschaftler bekräftigen, es handle sich um Schulberichte, die die interne Qualitätsentwicklung unterstützen sollten.

 

Vor allem weisen die Forscher den Vorwurf zurück, das Kultusministerium habe den Bericht unter Verschluss gehalten, weil es für die Gemeinschaftsschule negativ ausfalle. Die Einzelberichte würden dem Ministerium auch künftig nicht zugänglich gemacht. Insgesamt wurden Berichte über zehn Schulen erstellt, die als Erste das Konzept der Gemeinschaftsschule übernommen haben.

Außerdem betonen die Forscher, ein Bericht, der den Entwicklungsstand einer einzelnen Schule darstelle, könne nicht exemplarisch für die Praxis der Gemeinschaftsschulen im Land interpretiert werden. Das Gutachten über die Entwicklung der Schulart wollen die Wissenschaftler im Frühjahr 2016 vorlegen.

Schule hat Konzept bereits verbessert

Bestürzt zeigte sich auch Ingeborge Schöffel-Tschinke, die Vorsitzende des Landesschulbeirats. Sie hebt hervor, dass nur zwei von 24 Klassen beobachtet wurden. Die Schule habe bereits auf den Bericht vom November 2014 reagiert und Verbesserungen vorgenommen. Schöffel-Tschinke betonte, Schulen würden wissenschaftliche Begleitung benötigen. Sie müssten auch die Möglichkeit bekommen, in Ruhe Korrekturen vorzunehmen. Sie nannte es eine „Diffamierung“, von einem Zwischenbericht ausgehend eine ganze Schulart in Frage zu stellen.

Dagegen spricht das „Bündnis pro Bildung“, das sich für das dreigliedrige Schulsystem stark macht, von einem „bezeichnenden Schlaglicht“, das die Studie auf die „untaugliche Struktur der Gemeinschaftsschulen“ werfe. Auch die Pädagogik des individuellen Lernens erweise sich als praxisfern. Das Bündnis unterstellt, deshalb solle die Studie „verheimlicht werden“. Das nennt die Vorsitzende Silke Sommer-Hohl einen „Skandal erster Ordnung“.

Bestätigt sieht sich auch der Realschullehrerverband. Es komme nicht überraschend, dass die Gemeinschaftsschule „in ihrer Bildungsqualität erhebliche Defizite“ aufweise. Bei der Einführung handle es sich um „ein teures Experiment mit unklarem Ausgang“. Der Verband verlangt, dass die vorgesehene Änderung des Schulgesetzes, die die Realschule in eine „Gemeinschaftsschule light“ umwandeln wolle, gestoppt wird. Claus Schmiedel, der Chef der Landtags-SPD ist dagegen nach der Wortmeldung der Forscher davon überzeugt, „dass sich die Kritik an der Gemeinschaftsschule als Rohrkrepierer entpuppt“.