Teilzeit und Heimarbeit führen laut den Erkenntnissen des Beamtenbundes zur systematischen Benachteiligung von Beamtinnen. Sie erhalten schlechtere Noten. Das Finanzministerium reagiert auf den Missstand.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Das bisherige Beurteilungssystem für die baden-württembergischen Landesbeamten erzeugt nach Ansicht des Beamtenbundes eine systematische Ungerechtigkeit für Frauen insbesondere in der Steuerverwaltung. Belegt werde dies durch interne Zahlen und die aktuelle Studie eines Wissenschaftlers der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen. Diese wird vom Finanzministerium nicht veröffentlicht.

 

„Die Statistik verdeutlicht ganz klar eine Benachteiligung, wonach die Frauen bis auf eine Besoldungsgruppe durchgehend schlechter beurteilt werden als die Männer“, sagte der Vorsitzende des Beamtenbundes im Südwesten, Kai Rosenberger, unserer Zeitung. Vor allem eine Teilzeittätigkeit oder eine häufige Heimarbeit führten bei den betroffenen Beamtinnen oft zu geringeren Punktzahlen in der Beurteilung als bei Vollzeit arbeitenden Beamten.

Vollzeitkräfte erhalten die meisten Spitzenbewertungen

Die Regelbeurteilungen müssen laut Landesbeamtengesetz spätestens alle drei Jahre stattfinden – das nächste Mal Anfang 2019. Der 1. Januar ist Stichtag für den mittleren Dienst, der 1. April für den gehobenen Dienst. Nach Darstellung der Frauenvertretung im Beamtenbund erhalten Vollzeitkräfte die meisten Spitzenbewertungen. Je höher die Besoldungsstufe, desto weniger Teilzeitkräfte werden als beförderungsfähig beurteilt – und desto weniger Frauen erhalten die Spitzenbeurteilungen.

Frauen würden für ihre Familienarbeit doppelt „abgestraft“, rügt die Landesfrauenvertreterin im Beamtenbund, Heidi Deuschle. Denn ungünstige Beurteilungen bremsen auch die Beförderungen. „Wir müssen von einer Präsenzkultur zu einer Ergebniskultur kommen“, fordert sie. Der Beamtenbund räumt allerdings ein, dass die Finanzverwaltung begonnen habe, das Ungleichgewicht zu beheben. „Die sind dabei, das zu korrigieren“, sagt Rosenberger.

Finanzministerium arbeitet an einer Korrektur

Nach Angaben des Finanzministeriums wurden die Männer beim vorigen Durchgang mit durchschnittlich 8,71 Punkten bewertet und Frauen mit 8,03 Punkten. Dies entspreche einer Abweichung von 7,8 Prozent. „Zufrieden sind wir damit nicht“, sagte ein Sprecher. In der nächsten Beurteilungsrunde würden daher „statistische Kontrollläufe“ vorgenommen, um gegebenenfalls reagieren zu können.

Grundsätzlich sei die Gleichbehandlung von Frauen und Männern eine Selbstverständlichkeit. „Deshalb stützen wir etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wo wir können.“ Im Ministerium seien schon 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt. „In allen Finanzämtern und Oberfinanzdirektionen sind noch dickere Bretter zu bohren, aber wir sind dran“, sagte der Sprecher. Bei 65 Finanzämtern würden 17 Prozent der Vorsteherposten von Frauen besetzt – aber schon 40 Prozent von 785 Sachgebietsleitern seien weiblich. Die Frauen stellen 63 Prozent der 14 214 Beamten in der Steuerverwaltung.