Helge Braun arbeitet schon seit vier Jahren im Kanzleramt direkt für Angela Merkel – bisher unauffällig, nun in der erster Reihe. Eines will er dabei auf jeden Fall anders machen als sein Vorgänger Peter Altmaier.

Berlin - Das Bismarck-Porträt in seinem Büro stammt noch vom Vorgänger Eckart von Klaeden, der heute für Daimler arbeitet. Zu den eigenen Habseligkeiten, die bei Helge Brauns Umzug in die siebte Etage nicht fehlen werden, gehört dagegen ein Trikot der Gießener 46ers, dem Verein der Bundesligabasketballer, für den er selbst einmal gespielt hat.

 

Zeit für Hobbys, zu denen auch das Schwimmen zählt oder das Sich-Zurückziehen in die heimische Kellerwerkstatt, hat der 45-jährige Braun schon lange nicht mehr. Denn im Bundeskanzleramt, dessen Chef er am kommenden Mittwoch werden soll, hat er schon seit vier Jahren alle Hände voll zu tun. Für die breite Öffentlichkeit ist er dennoch eine weithin unbekannte Größe, weil ein für den Bürokratieabbau und den Dialog mit den Bundesländern zuständiger Staatsminister vor allem im Hintergrund wirkt. Sein politischer Einfluss verhält sich dabei umgekehrt zum Bekanntheitsgrad. Wer weiß denn schon, dass sich Deutschland, als es den G7- und G20-Vorsitz innehatte, auf internationaler Ebene deshalb dem Kampf gegen die Antibiotikaresistenz und einer besseren Bekämpfung von Seuchen wie Ebola in Afrika verschrieb, weil der Mediziner Helge Braun die Themen intern vorantrieb?

Der Gießener ist studierter Narkosearzt

Narkosearzt ist er, hat in seiner Heimatstadt Gießen studiert und später über das Herzrasen während einer Operation promoviert. Das war 2007, als der in der Jungen Union groß gewordene Hesse ausgerechnet in der Legislaturperiode von Angela Merkels erster Kanzlerschaft den Wiedereinzug in den Bundestag verpasste. 2009 kehrte er zurück und wurde prompt zum Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Forschung berufen. Eine weitere Wahlperiode später nahm er Platz in der Schaltzentrale der Macht.

Auch als „Chef-BK“, wie der oberste Regierungsmanager abgekürzt genannt wird, will er auf seine medizinischen Grundlagen zurückgreifen, zu denen er vor allem das strukturierte Arbeiten zählt. Was morgens auf dem Schreibtisch landet, soll abends wieder weg sein. Zumindest in diesem Punkt will er sich von seinem Vorgänger Peter Altmaier abheben, der bisher im Büro gegenüber dem der Kanzlerin sitzt und berühmt ist für riesige Papierstapel auf seinem Schreibtisch.

Braun verantwortet künftig auch das Thema Digitalisierung

Über die große Aufgabe und die noch zunehmende Arbeitsbelastung macht sich Helge Braun keine Illusionen. Es wird nicht einfach werden, CDU, CSU und SPD zusammenzuhalten, die sich alle geschworen haben, in dieser neuerlichen Groko Profil zu wahren und Streit nicht aus dem Weg zu gehen. Er freut sich aber auf noch intensivere Einblicke in das Innerste des Berliner Politikbetriebs – und auf die Chance, sein neben der Gesundheitspolitik zweites Lieblingsthema, das der Digitalisierung, nun hauptamtlich im Kanzleramt zu verantworten. Neuland ist es für ihn wirklich nicht: Helge Braun hat für seine CDU nicht nur die Koalitionsverhandlungen bei diesem Thema geführt – sondern in seinem Keller auch schon mal selbst einen einfachen Computer zusammengelötet.

Das Netzwerk, um erfolgreich zu sein, hat Braun schon geknüpft. Mit den Vertretern der Bundesländer hat er die letzten vier Jahre ständig verhandelt. Angela Merkel duzt er bereits. Nun wird ihn das Land kennenlernen, wenn er häufig in den Wohnzimmern der Republik zu Gast sein wird, um die Politik seiner Regierung zu erklären.