Die Ausstellung „Radikal Normal“ mit Werken von Jens Reinert ist noch bis Mitte Februar in der Galerie der Stadt Backnang zu sehen. Der Künstler macht Alltagsarchitektur zum Zentrum seines Schaffens.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Jens Reinert ist in Bielefeld geboren, lebt in Berlin und stellt jetzt in Backnang in der Galerie der Stadt aus. Beton spielt in seinen Bildern und Skulpturen die wohl wichtigste Rolle. Auf den ersten Blick sehen die Gebäude, die Jens Reinert malt, nur schmuddelig und unfreundlich aus. Doch seine Ölmalerei reizt zum zweiten, zum genauen Hingucken. Dem ein oder anderen Besucher gehen dann ganz bestimmt auch solche Gedanken durch den Kopf: „So schlecht ist die deutsche Alltagsarchitektur nun auch wieder nicht.“

 

Seine Fassaden von Mehrfamilienhäusern, seine Hinterhöfe und Gewerbeimmobilien gehören zum Alltag in Deutschland. Die Motive für seine Werke findet Reinert auf langen Streifzügen durch die Städte der Bundesrepublik. Man könnte den Maler als einen Chronisten der eher verborgenen Winkel der Siedlungen bezeichnen. Die Gebäude auf seinen Bildern bestehen oft aus Fertigbauteilen, die zigfach auch andernorts zu finden sein dürften. Simone Schloten von der städtischen Galerie sagt, diese Fertigbauteile taugten als „allgemeingültige Chiffren großstädtischen Lebens“. Reinerts Werke seien radikal normal. „Radikal Normal“, das ist auch der Titel der Ausstellung, die noch gut zwei Monate lang in der Murrstadt gezeigt wird.

Die Werke erinnern die Minimal Art

In seinen aktuellen, plastischen Arbeiten grabe sich der Künstler „tief in die verborgenen Strukturen der Städte hinein“, sagt Schloten. Reinert löse Siedlungsbauten, Brücken und Parkdecks aus ihrem städtebaulichen Kontext heraus und präsentiere sie stark verkleinert als „in sich ruhende Körper von großer formaler Strenge“. Die Bauten seien funktionslos schön und „erinnern an Werke der Minimal Art“.

Die Arbeiten aus Beton ermöglichten dem Betrachter eine völlig neue Wahrnehmung der Bauwerke, die im Alltag kaum auffielen, weil sie schlicht als gegeben hingenommen würden. „Dabei sind es gerade diese unspektakulären grauen Architekturen, die das Gesamtbild der Stadt mitprägten.“

„Es lohnt sich fast immer hinzugucken“

Der Künstler selbst sagt, es lohne sich fast immer hinzugucken. Genau hingeschaut hat Jens Reinert auch auf die Hülle einer Schallplatte, die er sich vor vielen Jahren gekauft hat. Auf dem Cover der Scheibe „Daydream Nation“ der Rockband Sonic Youth ist eine Kerze zu sehen. Das Original stamm von Gerhard Richter, einem der wichtigsten deutschen Künstler der Gegenwart.