Die CDU um ihren Bundesvorsitzenden Friedrich Merz jubiliert. Mit dem vor dem Bundesverfassungsgericht erwirkten Urteil bringt sie die Ampelregierung in höchste Not. Die Übertragung von 60 Milliarden Euro Corona-Notmittel auf den Klima- und Transformationsfonds ist verfassungswidrig. In den Bundesländern jedoch fallen die Reaktionen gedämpfter aus.
Dort hantieren CDU-Regierungen ebenfalls mit Sondervermögen. In Schleswig-Holstein zum Beispiel rufen CDU und Grüne die Haushaltsnotlage aus. Die Regierung unter Führung von CDU-Ministerpräsident Daniel Günther hatte einen Corona-Notkredit über 5,5 Milliarden Euro gezogen, weitere 1,4 Milliarden Euro wegen des Ukrainekriegs. Das Geld soll über mehrere Jahre verteilt unter anderem für die Ansiedlung der Northvolt-Batteriefabrik im Kreis Dithmarschen verwendet werden. Baden-Württemberg hatte sich ebenfalls um diese Fabrik bemüht.
Die Richter halten das Haushaltsprinzip der „Jährigkeit“ in hohen Ehren
Unmittelbar betroffen von dem Urteil sind möglicherweise auch das CDU-geführte Bundesland Berlin, das sich jüngst einen Sonderkredit über zehn Milliarden Euro genehmigte, sowie das Land Nordrhein-Westfalens, das von dem CDU-Mann und Merz-Konkurrenten Hendrik Wüst geführt wird. SPD-regierte Bundesländer, die sich tief über das Karlsruher Urteil beugen müssen, sind das Saarland und Bremen.
Baden-Württemberg ist nicht unmittelbar berührt. Dennoch zeigt man sich im Ressort des Grünen-Finanzministers Danyal Bayaz vorsichtig. Denn die Karlsruher Richter schoben nicht nur einer sachfremden Verwendung von Notkrediten einen Riegel vor. Auch das Haushaltsprinzip der „Jährigkeit“ halten die Richter in hohen Ehren: Demnach dürfen Kreditermächtigungen „nur bis zum Ende des Haushaltsjahres in Anspruch genommen werden. Anschließend verfallen sie grundsätzlich ersatzlos.“ Das wird im Land bisher anders gehandhabt, ist also für Bayaz durchaus ein Problem.
Überdies besagt laut Gericht der Grundsatz der „Fälligkeit“, dass im Haushaltsplan nur diejenigen Einnahmen und Ausgaben veranschlagt werden dürfen, die im Haushaltsjahr kassenwirksam werden. Neben den nicht ausgeschöpften Verschuldungsrechten steht damit auch der Umgang mit den „Ausgabenresten“ in Frage. Dabei handelt es sich um Geld für Projekte, die nicht innerhalb eines Haushaltsjahres abgewickelt werden können. Das Geld wird dann von Etat zu Etat verschoben.
Inzwischen belaufen sich solche Ausgabenreste im Landesetat auf zehn Milliarden Euro, das entspricht etwa 16 Prozent des Gesamtetats. Nur ein Teil davon ist tatsächlich auch rechtlich gebunden, wie der Landesrechnungshof vor einigen Jahren nachwies. Das mehrjährig nicht in Anspruch genommene Geld lässt sich dann als stille Reserve interpretieren, die nicht rechtskonform ist.
Die hohen „Ausgabenreste“ können nicht bleiben
Vor allem aber stellt sich die Frage, wie die Transformation in die klimaneutrale Wirtschaft gelingen soll, wenn CDU und FDP Steuererhöhungen ausschließen. SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch sagt, im normalen Haushalt sei dies nicht zu stemmen. „Dafür ist die Dimension zu groß.“ Finanzminister Bayaz wäre für einen „Klima-Soli“ zu haben. Ersatzweise tritt er dafür ein, die Schuldenbremse um eine Investitionsregel zu ergänzen.
2019 schrieb Bayaz, damals noch Bundestagsabgeordneter, ein Papier, in dem er postulierte: „Der Handlungsspielraum jüngerer Generationen ist heute nicht so sehr durch einen zu hohen Schuldenstand gefährdet, sondern durch eine marode Infrastruktur und ausbleibende Zukunftsinvestitionen.“ CDU-Fraktionschef Manuel Hagel wollte sich auf Anfrage zu Bayaz’ Vorschlag nicht positionieren.