Ein Asylbewerber muss sich seit Dienstag am Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten. Der Stuttgarter soll sich mit einer Messerattacke auf einen Polizisten gegen seine Abschiebung gewehrt haben. Der Beamte kam mit dem Schrecken davon.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Offenbar mit allen Mitteln hat ein Asylbewerber aus Stuttgart im vorigen Winter versucht, sich gegen seine drohende Abschiebung in sein Herkunftsland, den Irak, zu wehren. Der 40-Jährige soll einen Polizisten mit einem Messer angegriffen haben. Der Mann muss sich seit Dienstag am Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten.

 

Mitten in der Nacht klopft die Polizei an die Tür

Mitten in der Nacht hatte es am 4. Februar bei dem Mann an seiner Wohnung im Stuttgarter Westen geklingelt: Zwei Polizisten sollten den Mann, der abgeschoben werden sollte, um 3.45 Uhr abholen und ihn nach Frankfurt zum Flughafen bringen, wo der Start des Linienflugs in den Irak für 10.10 Uhr vorgesehen war. Doch der Mann weigerte sich strikt, die Wohnung zu verlassen. Als er einen Moment nicht beobachtet wurde, schnappte er sich in der Küche ein Messer, hielt es sich selbst an den Hals und kündigte an, sich umzubringen, wenn die Polizisten nicht gehen würden. Angesichts des drohenden Suizids verließen die Polizisten zur Sicherheit die Wohnung und riefen Verstärkung, so die Staatsanwaltschaft.Ehe die Kollegen eintrafen, flüchtete der Angeklagte über seinen Balkon und verschanzte sich im Schuppen eines Nachbarn. Schließlich öffnete ein Polizist, der vorsorglich ein Kettenhemd, einen Helm und mit Metall verstärkte Handschuhe trug, nach einer halben Stunde die Tür des Häuschens. Im selben Moment soll der Mann zugestochen haben, so die Staatsanwaltschaft. Mit einem Reflex habe der Polizist aber den drei Hieben in Richtung seines Oberkörpers ausweichen können. Danach konnte der Asylbewerber überwältigt werden. Verletzt wurde niemand.

Polizist kann den Messerstichen ausweichen

Der Angeklagte war im Jahr 2002 aus dem Irak geflüchtet. Sein Antrag auf politisches Asyl wurde in Deutschland aber abgelehnt. Dennoch durfte er mit einer Duldung bleiben und erhielt eine Arbeitserlaubnis. Er jobbte als Gebäudereiniger.Zu dem Vorwurf der Anklage machte der Mann im Prozess keine konkreten Angaben. Er deutete aber an, dass er nicht in den Irak zurückkehren möchte, weil er dort unschuldig in eine Familienfehde verstrickt sei. Er sei vor seiner Flucht als junger Mann ein Opfer von Blutrache gewesen und angeschossen worden. Zudem habe der verfeindete Clan einen Anschlag auf ihn und seine Familie verübt, so der Mann.

Gutachterin prüft Schuldfähigkeit des Asylbewerbers

Eine Gutachterin ist in dem Prozess hinzugezogen worden. Sie soll die Schuldfähigkeit des Angeklagten klären. Denn der Mann hat angedeutet, dass er psychisch krank sein könnte. Als kleiner Junge sei er beim Spielen vom Dach gestürzt. Seitdem könne er sich kaum mehr konzentrieren. Zudem fange er bei Stress heftig zu zittern an und es werde ihm schwarz vor Augen.

Der Prozess wird fortgesetzt. Im Fall einer Verurteilung zu einer Haftstrafe wird der Mann vermutlich einen Teil absitzen. Dann droht ihm erneut die Abschiebung.