Schnell und umweltfreundlich große Distanzen überwinden: Das ist mit einem E-Scooter möglich. Doch wer sich nicht an die Regeln für elektrische Tretroller hält, geht nicht nur finanziell Risiken ein. Als erste Großstadt in Deutschland verbietet jetzt Gelsenkirchen den Verleih von Elektro-Rollern.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Bis zum Samstag, 20. April, müssen aus Gelsenkirchen alle Leih-E-Scooter der beiden Verleiher Bolt und Tier verschwinden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat das Verbot der Stadt bestätigt (Aktenzeichen: 2 L 444/24 und 2 L 495/24). Die 261 000-Einwohner zählende Kommune in Nordrhein-Westfalen ist damit die erste Großstadt in Deutschland, die das Verleihen von-Scootern verbietet.

 

E-Tretroller gelten in vielen Städten als großes Ärgernis und Sicherheitsrisiko, weil sie - achtlos abgestellt oder auf den Boden geworfen - zum Hindernis werden und durch mitunter rücksichtslose Nutzung Unfälle verursacht werden.

Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet

Nach Angaben der Stadtverwaltung stehe noch 350 E-Scooter zum Ausleihen in Gelsenkirchen herum. Ausleihen kann man sie schon seit Anfang des Monats nicht mehr.Mit der Maßnahme will die Stadt erreichen, dass die Verleihfirmen die Identität jedes Ausleihers prüfen – etwa indem sie den Personalausweis oder den Führerschein in der App hochladen. So soll es weniger Unfälle und weniger gefährliche Fahrten in der Fußgängerzone oder zu zweit auf einem Roller geben.

Beim Ausleihen der Roller müssen die E-Scooter-Nutzer zwar einen Namen angeben. Ob der aber korrekt ist, wird aber nicht überprüft. „Diese beschriebene Anonymität zur Nutzung eines Verleih-E-Scooters ist daher als Hauptursache dafür anzunehmen, dass Personen sich in Sicherheit wähnen, in Fällen von Fehlverhalten nicht ermittelt und belangt werden zu können“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.

"E-Roller hauptsächlich missbräuchlich genutzt"

"Die E-Roller werden leider hauptsächlich missbräuchlich genutzt, auch in Fußgängerzonen, auf Gehwegen und es hat viele schwere Unfälle gegeben", betont Stadt-Sprecher Martin Schulmann. Die Nutzer seien aber bislang nicht zu ermitteln.

Laut Verwaltungsgericht "ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung der Stadt, die Erteilung der Erlaubnisse von einer Identitätsprüfung der Nutzer abhängig zu machen, offensichtlich ermessensfehlerhaft ist". Gegen die Entscheidung vom vergangenen Montag (15. April) könne Beschwerde erhoben werden, über die das Oberverwaltungsgericht für NRW entscheide.

Schulmann ergänzt, er habe aber bereits am Donnerstag keinen Leih-E-Scooter mehr in der Stadt gesehen. Es gebe bereits viele Nachfragen von Kommunen, "wie wir das denn genau gemacht haben". Gelsenkirchen sei, so der Sprecher der nordrhein-westfälischen Kommune, die erste deutsche Großstadt, die die E-Scooter auf diesem Wege aus der Stadt entferne. 

Regeln kennen: Fahrt mit E-Scooter kann sonst teuer werden

Vorgeschrieben ist es nicht, aber für die eigene Sicherheit sinnvoll: Bei Fahrten mit dem E-Scooter rät der Auto Club Europa (ACE) dringend dazu, einen Helm zu tragen.

In anderen Bereichen müssen sich Fahrer elektrischer Tretroller verpflichtend an klare Regeln halten, sonst kann es teuer werden, wenn sie erwischt werden. Der ACE nennt einige Beispiele:

Fahrradweg, Gehweg oder Straße: Wo darf man fahren?

  • Wer mit dem E-Scooter auf dem Gehweg fährt, muss mit einem Bußgeld zwischen 15 und 30 Euro rechnen. Denn E-Scooter müssen grundsätzlich auf Fahrradwegen fahren. Das gilt sogar dann, wenn es für Fahrräder selbst keine Benutzungspflicht gibt.
  • Ist eine Durchfahrt mit dem Fahrrad verboten, gilt dies auch für E-Scooter.
  • Elektrische Tretroller dürfen Fahrradstraßen und -zonen sowie Radschnellwege nutzen und bei Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung fahren, wenn dies für den Radverkehr erlaubt ist. Gibt es keine dieser Optionen, dürfen E-Scooter auf der Straße fahren.

Alles wie beim Fahrradfahren?

  • Was für das Fahren mit dem Fahrrad gilt, gilt nicht eins zu eins für E-Roller. Fahrrad-Ampeln sind zwar für E-Scooter verbindlich. Der grüne Rechtsabbieger-Pfeil für den Radverkehr hingegen hat für Rollerfahrer keine Geltung. Wer ihn mit dem E-Scooter nutzt, begeht einen Rotlichtverstoß. Mögliche Folgen: mindestens 60 Euro und ein Punkt in Flensburg. Bis zu 180 Euro können es werden, wenn es dabei eine Sachbeschädigung gibt.
  • Es ist etwas verwirrend, aber das Zusatzschild „Radverkehr frei“ gilt nicht für elektrische Tretroller. Oft taucht das Schild in Kombination mit dem blauen Fußweg-Schild auf. Fahrräder dürfen hier mit Schrittgeschwindigkeit fahren, Scooter aber nicht.

Welche Maßstäbe gelten bei Alkohol und Drogen?

  • Bei vielen Regeln müssen sich E-Scooter-Fahrer an Fahrradfahrern orientieren, doch bei Alkohol- und Drogen zählen die Maßstäbe wie für Autofahrende. Es gilt also eine Null-Promille-Grenze für Führerschein-Neulinge.
  • Bei über 21-Jährigen oder nach der Probezeit droht eine strafrechtliche Verfolgung ab 0,3 Promille Alkohol oder 1,0 Nanogramm pro Milliliter THC im Blutserum.
  • Der ACE rät jedoch allen aktiven Verkehrsteilnehmenden, auf den Konsum von Alkohol oder Cannabis zu verzichten.

Hände an den Lenker: Sonst droht was?

  • Wer während der Fahrt mit dem elektrischen Tretroller telefoniert und dafür die Hände nutzt, muss mit 100 Euro Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen. Die Nutzung von Mobiltelefonen beim Fahren wird streng geahndet.
  • Fahren zwei Personen auf einem E-Scooter, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, die 10 Euro Bußgeld kosten kann.
  • Hält der Mitfahrer den Lenker von hinten fest, gilt er laut ACE ebenfalls als Führender des Fahrzeugs. Wer zudem betrunken ist, dem kann der Führerschein entzogen werden.

Welche Kennzeichnung ist Pflicht?

  • Wer einen E-Scooter besitzt, darf ihn nur mit gültigem Versicherungskennzeichen im Straßenverkehr nutzen. Seit März muss es blau sein und am unteren Rand die Jahreszahl 2024 tragen.
  • Übrigens: Das Fahren mit einem E-Scooter ist erst ab 14 Jahren erlaubt. Viele Verleiher von elektrischen Tretrollern verlangen ein Mindestalter von 18 Jahren.