Nach Gärtringen sehen sich hiesige Metzger mit verunsicherten Konsumenten konfrontiert.

Leonberg - Für die Metzgermeister Roland Hess, und Matthias Maisch sowie den Auszubildenden Frank Frühwald beginnt die neue Woche immer sehr früh. Um 4 Uhr bringen Landwirte aus der Umgebung die Tiere, dann wird in der Metzgerei in Höfingen geschlachtet. Gegen 8 Uhr, wenn die ersten Kunden im Laden stehen, ist die Arbeit im Schlachtraum schon getan. Der Familienbetrieb in der Pforzheimer Straße ist der einzige im Leonberger Stadtgebiet, in dem noch selbst geschlachtet wird. Für den Chef ist das eine Frage der Qualität, wie auch des Tierschutzes. „Unsere Tiere kommen alle von Bauernhöfen aus der näheren Umgebung, mit den wir oft seit Jahrzehnten zusammenarbeiten“, sagt Roland Hess. Meistens fährt er noch selbst raus und sucht gemeinsam mit den Landwirten die Tiere aus. Der Kundschaft legt er bei Bedarf Herkunftszertifikate vor und gibt natürlich Tipps, wie aus gutem Fleisch auch ein gutes Essen wird.

 

Denn der Chef achtet nicht nur auf die regionale Herkunft und die einwandfreie Verarbeitung des Fleisches, sondern steht zudem gerne in der Küche. Essen ist für ihn ein ganzheitliches Thema. Doch der Gärtringer Schlachthof-Skandal geht auch an makellosen Betrieben wie der Metzgerei Hess nicht vorbei. „Ihr bezieht euer Fleisch doch bestimmt aus Gärtringen“, haben die Mitarbeiterinnen an der Theke und auch er selbst in den vergangenen Tagen mehr als einmal gehört. Geduldig erklären sie dann, dass die Produkte nur wenige Meter weiter hergestellt werden.

Zweimal pro Woche wird geschlachtet

Vor 15 Jahren hat die Familie Hess in einen großen Umbau einen sechsstelligen Betrag investiert, um die EU-Zulassung zum Schlachten zu erhalten. Dazu gehört ein zusätzlicher Kühlraum und ein Zerlegeraum. Seither wird in Höfingen zumeist zweimal in der Woche geschlachtet.„Die Tier werden direkt im Hof angeliefert. Zumeist laufen sie freiwillig nach drinnen, weil dort das Licht ist. Sie werden sofort betäubt“, versichert Hess. Die Schweine und Rinder haben keine langen Transporte hinter sich. Das schwäbische Wagyu-Beef, das sich an den legendären japanischen Rindern orientiert, kommt aus Schafhausen, die Schweine aus Oberriexingen oder Heimerdingen. Auch aus Höfingen selbst bezieht er Tiere.

Obwohl die meisten heimischen Metzger tadellos arbeiten, schade Gärtingen der ganzen Branche, befürchtet Roland Hess: „Uns haben schon Kunden gesagt, dass sie jetzt gar kein Fleisch mehr essen.“

Nur wenige Kilometer weiter, in Rutesheim, ist die Lage derzeit nicht ganz so angespannt: In der Metzgerei Philippin läuft der Betrieb wie gewohnt. „Bislang haben nur zwei Kunden gefragt, wo wir schlachten lassen“, berichtet die Senior-Chefin Waltraud Philippin. Sie betont: „Wir haben mit dem Schlachthof in Gärtringen gar nichts zu tun.“

Kurze Transportwege

Das sieht bei der Metzgerei Blum anders aus. Diese wirbt sogar auf ihrer Internetseite mit dem regionalen Warenprinzip: Tiere aus der Region, kurze Transportwege zum Schlachthof Gärtringen und Weiterverarbeitung im Stammsitz in Calw. Trotzdem habe es nur wenige und auch sehr ruhig geäußerte Nachfragen gegeben, berichtet Metzgermeister und Chef Gerhard Blum.

„Die Bilder sind nicht zu entschuldigen. Das darf nicht vorkommen“, meint Blum, sagt aber auch: „Das Fleisch, das wir von dort bekommen haben, hat keine Stresssymptome gezeigt.“ Wenn ein Tier beim Schlachten leide, schütte es Stresshormone aus, die beispielsweise zu einem schlechten Reifungsprozess des Fleischs führten. Nun muss sich der Betrieb mit neun Filialen, darunter in Leonberg, Weil der Stadt und Weissach, nach einem neuem Schlachthof umsehen. „Ich hätte mir gewünscht, dass das Ganze aufgearbeitet wird. Die Schließunghalte ich für eine sehr drastische Maßnahme“, sagt Blum.