Das ausgerechnet die Gastronomie dicht machen muss, ist nicht nachvollziehbar. Denn die meisten haben ihre Aufgaben gut erledigt.

Leonberg - Geht es um Tischreservierungen, so haben die meisten Gastronomen an diesem Wochenende keinen Grund zu klagen: Viele Menschen möchten noch einmal essen gehen – das letzte Mal für die kommenden vier Wochen, vielleicht für noch länger. Wer weiß das schon in diesen unruhigen Zeiten?

 

Die Wirte sind froh über jeden Gast, den sie bis Sonntagabend noch bedienen dürfen. Denn selbst wenn sie von der kommenden Woche an einen Außer-Haus-Verkauf anbieten: Die Erfahrungen im Frühjahr haben gezeigt, dass das Mitnahmegeschäft die anderen Ausfälle nicht im Ansatz ausgleichen kann. Zumal die wichtigen Einnahmen aus dem Getränkeverkauf völlig wegfallen. Wohl dem, der eine eigene Immobilie hat. Alle anderen haben durch die zweite Zwangsschließung akute Probleme, die in vielen Fällen die Existenz gefährden können. Von der Kurzarbeit für das im Gastgewerbe ohnehin nicht üppig bezahlte Personal ganz zu schweigen.

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Da stellt sich zu recht die Frage: Muss das Abwürgen der Speisegastronomie wirklich sein? Es ist zu einfach, das komplette Gastgewerbe einfach über einen Kamm zu scheren. Zwischen nächtlichen Tanzclubs oder Raucherkneipen einerseits und gediegenen Speiselokalen andererseits gibt es deutliche Unterschiede.

Viele Restaurants haben ihre Tische mit Plexiglas abgeschirmt oder ganze Bereiche stillgelegt, um die Abstände zu wahren. Etliche Wirte haben in teure Außenanlagen und Heizpilze investiert, in der Hoffnung, in der kalten Jahreszeit Gäste im Freien bedienen zu dürfen.

Und jetzt? Alles für die Katz! Nicht wenige in der Branche bezweifeln, dass am 1. Dezember die Herde wirklich wieder angestellt werden dürfen. Manche haben das für die Gastronomie elementare Weihnachtsgeschäft schon ad acta gelegt.

Ob es wirklich so schlimm wird, lässt sich seriös nicht einschätzen. Klar aber ist, dass sowohl die Kunden im Handel wie auch die Gäste der Gastronomie und Hotellerie angesichts der düsteren Szenarien stark verunsichert sind. Blickt ein prominenter Politiker sorgenvoll in die Zukunft, bekommen das Wirte durch Stornierungen unmittelbar zu spüren.

Die Härten werden erst noch kommen

Es ist gut, dass wenigstens der Einzelhandel geöffnet bleiben darf. Umso unverständlicher ist allerdings, warum nicht zumindest die Speisegastronomie eine Chance bekommt. Unter der Formel „Unterstützung durch Kontrolle“ hat der Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn vorgeschlagen, dass die Lokale durch die Ordnungsämter intensiv überprüft werden sollten. Stimmt das Hygienekonzept, dürften sie auch öffnen.

Cohn greift damit jene Praxis auf, mit der noch vor Wochen erfolgreich gearbeitet wurde: die lokalen Gegebenheiten vor Ort zu analysieren und die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen. Eine pragmatische Vorgehensweise, mit der so manche vermeidbare Härte tatsächlich vermieden werden könnte. Jetzt aber werden die Härten erst noch kommen – in Form von Depression, Pleiten und Arbeitslosigkeit. Auch und gerade zur Weihnachtszeit.