Überquellende Müllcontainer, Unrat auf dem Gehweg, Scherben auf der Straße: In der Altstadt, klagen die Wirte, herrschen erneut chaotische Zustände. Seit Wochen bleibe die Straßenreinigung aus. Die Stadt spricht von „streikbedingten Überhängen“.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Über die Zukunft des historisch bedeutsamen Leohardsviertels wird im Rathaus gerade hitzig diskutiert. Die Verwaltung scheint eine Mehrheit im Gemeinderat für einen neuen Bebauungsplan zu finden, der keine Laufhäuser in der Altstadt mehr vorsieht. Schon jetzt gibt es auf der Leonhard- und der Weberstraße mehr Bars als Bordelle. Immer mehr Lokale eröffnen, die mit dem Rotlicht nichts zu tun haben. Und deren Wirte sind verärgert, dass im Ausgehviertel „unhaltbare Zustände“ herrschten, weil die Stadtreinigung oft ausbleibe – nicht nur, wenn gestreikt werde.

 

„Bei uns sieht es aus wie in Palermo“, klagt der Wirt einer Cocktailbar und will nicht verstehen, „wie die Stadt mit Hilfe von Gastronomen und Läden das Viertel aufwerten will, aber selbst seine eigenen Hausaufgaben nicht hinbekommt.“ Am vergangenen Wochenende habe das „letzte Stück Altstadt“ für Touristen und Einheimische „kein gutes Bild“ abgegeben. Der viele Müll im Viertel stelle nicht nur eine Brandgefahr dar und gefährde die Gesundheit, sondern sei ein „Armutszeugnis“ für die Stadt.

Zu der Kritik aus der Altstadt erklärt Andrea Schlepper, die Abteilungsleiterin Kommunikation und Kundenservice von der Abfallwirtschaft der Stadt Stuttgart (AWS): „Bei den Ansammlungen im Leonhardsviertel handelt es sich um streikbedingte Überhänge aus insgesamt drei Streiktagen. Die AWS leert in Stuttgart täglich über 30.000 Abfallbehälter. Wenn - je nach Intensität eines Streiks - all diese Tonnen und Abfallkörbe aufgrund eines Streiks nicht geleert werden, addieren sich die Volumina pro Streiktag in der Folge.“

AWS darf nach einem Streik keine Überstunden anordnen

Für deren Abfuhr jedoch dürfe die AWS nach einem Streik keine Überstunden anordnen. Streikbegründete Überstunden seien rechtlich nicht zulässig. Solche Nachleerungen müssten innerhalb der regulären Arbeitszeit erfolgen. „Abhängig davon, welche Mengen anfallen und welche Lade- und Personalkapazitäten uns zur Verfügung stehen, kann sich die Abfuhr daher über mehrere Abfuhrtage erstrecken“, sagt Andrea Schlepper. Kämen zu den Streikfolgen Personalmangel und in dieser Jahreszeit vermehrt krankheitsbedingte Personalausfälle hinzu, stelle dies die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWS sowie die Stuttgarterinnen und Stuttgarter „leider vor Herausforderungen“.

Papierbehälter wurden seit acht Wochen nicht geleert

Mit Beginn dieser Woche habe sich die Krankensituation bei der AWS „etwas entspannt“, auch stünden nun Zusatzfahrzeuge zur Verfügung. „Wir gehen davon aus, dass wir unter diesen entlastenden Entwicklungen sowohl die vorgezogenen Leerungen aufgrund der Feiertage als auch die verbliebenen streikbedingten Überhänge bis Weihnachten abfahren können“, erklärt die AWS-Sprecherin . Den Fokus lege die Stadtreinigug zunächst auf die seit acht Wochen nicht geleerten Papierbehälter im Bereich der Betriebsstelle Mitte. Was das Leonhardsviertel betrifft, werde man versuchen, die Säcke auf der Weberstraße am Dienstag abzufahren, „sofern die Kapazitäten es erlauben“.