Die Hochschule an der Reuteallee im Stadtteil Eglosheim benötigt dringend mehr Platz, um den stetig steigenden Studierendenzahlen gerecht zu werden. Die 2015 eröffnete Außenstelle im Bleyle-Areal unweit des Bahnhofs linderte die Not nur kurz. „Wir stoßen schon wieder an unsere Grenzen“, sagt der Hochschulsprecher Andreas Ziegele. 2850 angehende Verwaltungs- und Finanzexperten lernen aktuell in Ludwigsburg, und die Hochschule geht davon aus, dass es schon in drei Jahren rund 3500 sein werden. Das liege, so Ziegele, einerseits an der großen Nachfrage und andererseits daran, dass im September ein völlig neuer Studiengang hinzukomme: digitales Verwaltungsmanagement. „Gerade laufen die Aufnahmetests, und die Bewerberzahl ist sehr hoch.“
In direkter Nachbarschaft zu Bosch und Porsche
Aus diesem Grund wird die HVF noch in diesem Herbst eine weitere, allerdings recht kleine Außenstelle in Betrieb nehmen. Die vier Seminarräume in der Weststadt – konkret: im Werkzentrum West des Immobilienunternehmers Max Maier – sollen den „kurzfristigen Flächenfehlbedarf“ decken, erklärt Corinna Bosch, die Leiterin der Ludwigsburger Filiale des Landesamts für Vermögen und Bau, das für die Hochschulstandorte zuständig ist.
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Die vier zusätzlichen Räume reichen indes bei Weitem nicht aus. Wesentlich mehr Kapazitäten bietet die alte Rockfabrik, ebenfalls im Werkzentrum West und ebenfalls im Besitz von Max Maier. Das Gebäude steht leer, weil der Unternehmer den seit Jahrzehnten laufenden Mietvertrag mit den Machern der Diskothek im vergangenen Jahr nicht mehr verlängert hat. Zu seinen Gründen hat sich Maier nie öffentlich geäußert, was Spekulationen nährte, er habe andere Mieter an der Angel, die in seinen Augen besser in sein hochmodernes Werkzentrum passen. Bosch ist schon vor Jahren mit einer Start-up-Gesellschaft in das ehemalige Industriegelände gezogen, später folgte Porsche Digital, hinzu kommen Firmen aus der Kreativ- und Digitalbranche.
Sendepause nach dem Ende der Kult-Disko
Jetzt hingegen zeigt sich, dass Maier offenbar keine fertigen Pläne für die Rofa-Immobilie in der Schublade hatte. Denn die Idee, dort Teile einer Hochschule unterzubringen, ist neu – und stammt nicht von ihm, sondern aus dem Rathaus.
Wie viele andere Menschen hatte sich auch Matthias Knecht lange für den Erhalt der Rockfabrik starkgemacht, um schließlich einsehen zu müssen, dass Maier sich nicht umstimmen lässt. „Danach war erst einmal Sendepause“, sagt der OB. Als er aber erfahren habe, dass die Verwaltungshochschule händeringend nach Flächen sucht, habe er den Gesprächsfaden zu dem Unternehmer wiederaufgenommen. „Es hat sich sehr schnell gezeigt, dass das Rofa-Gebäude sehr attraktiv für die Hochschule ist.“
Um darin möglichst viele Seminarräume integrieren zu können, sind zwar umfassende Umbauten nötig, aber alle Beteiligten sind zu dem Schluss gekommen: Es ist machbar. Die Stadt selbst ist finanziell nicht an dem Vorhaben beteiligt. Eigentümer bleibt Max Maier, der die Flächen an das Land vermieten wird – wenn nichts mehr dazwischenkommt. Das Amt für Vermögen und Bau will sich noch nicht im Detail äußern. Richtig sei, dass man weitere Flächen für die HVF anmieten werde, sagt Corinna Bosch, ohne auf den Standort einzugehen. „Der Vertragsabschluss steht kurz bevor. Die Flächen sollen ab Frühjahr 2021 zur Verfügung stehen.“
Der Rofa-Rauswurf: ein Glücksfall?
Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten? Sicherlich für Max Maier und für die Hochschule. Für die Rockfabrik allerdings ist immer noch kein neuer Standort gefunden. „Das alles ist eine sehr traurige Geschichte“, sagt Johannes Rossbacher, einer von drei Geschäftsführern. Die Corona-Krise erschwere die Suche zusätzlich, hinzu komme die allgemeine Unsicherheit in der Gastro- und Eventbranche. „Es ist ja gar nicht absehbar, ob und wann Diskotheken in dieser Größenordnung überhaupt wieder öffnen dürfen.“ Der einzige Trost sei, so Rossbacher, dass sich der Rauswurf aus der alten Heimat im Nachhinein noch als Glücksfall erweisen könne. „Wir sind dort geordnet raus, ohne Schulden. Hätten wir stattdessen weitergemacht und dann plötzlich wegen Corona monatelang schließen müssen, wären wir jetzt vermutlich konkursreif.“
Die ungewisse Perspektive allerdings nagt an allen, den Betreibern, ehemaligen Mitarbeitern, den Besuchern. Alle hoffen noch, dass es irgendwann und irgendwo weitergeht. Vielleicht müsse man in kleineren Dimensionen denken, sagt Rossbacher. „Ein Ort, an dem sich unsere Leute treffen können, vielleicht ein Rockcafé – das könnte schon eine Alternative sein.“